Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 142 Untersteinbach (Gde. Pfedelbach), ev. Pfarrkirche A. 16. Jh., 2. H. 16. Jh.

Beschreibung

Kreuzigungsgruppe. Unterlebensgroße geschnitzte und farbig gefaßte Holzskulpturen. Ursprünglich vermutlich im Chorbogen angebracht; bis zur Versetzung an den jetzigen Standort zuletzt an der Langhaussüdwand in Höhe der Empore1; jetzt im Chor hinter dem Altar aufgerichtet. In der Mitte der Heiland am Kreuz, über ihm eine rechteckige Kartusche mit geschnitztem Rollwerkrahmen und mit in schwarzer Farbe auf weißem Grund aufgemaltem Titulus (A); links Maria, rechts Johannes Evangelista. Die glatten Rückseiten der beiden Assistenzfiguren sind bemalt: Auf der Rückseite der Johannesfigur ist Maria abgebildet, ihr Nimbus trägt die mit schwarzer Farbe auf gelbem Grund aufgemalte Umschrift (B); die Rückseite der Marienfigur zeigt Johannes, ebenfalls mit Nimbenumschrift (C).

Maße: H. (Assistenzfiguren) 118 bzw. 122, Bu. 6,5 (A), 3,0–3,5 cm (B, C). .

Schriftart(en): Kapitalis (A), Frühhumanistische Kapitalis (B, C)

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    · I · N · R · I ·

  2. B

    SANCTA · MARIA · ORA · PRO · NO(BIS)a)

  3. C

    SANCTVS · JOHANES · ORA · PRO

Übersetzung:

Heilige Maria, bete für uns. – Heiliger Johannes, bete für (uns).

Kommentar

Der ursprüngliche Schriftbefund scheint weitgehend unverfälscht erhalten zu sein. Der Kreuztitulus weist kaum Besonderheiten auf, der Schrägschaft des N ist deutlich breiter ausgeführt als die beiden Schäfte. Das erste I ist unten aufgespalten, und das linke, unter die Grundlinie verlängerte Ende ist nach oben umgebogen. Als Trennpunkte dienen Quadrangel. Die Schriftformen unterscheiden sich deutlich von denen der beiden Nimbenumschriften, und auch die Form der Rollwerkkartusche läßt darauf schließen, daß der Titulus in seiner jetzigen Form eine spätere Zutat, vermutlich aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, ist.

Die Nimbenumschriften gehören dagegen zum ursprünglichen Bestand. Es handelt sich um eine wenig regelmäßige Frühhumanistische Kapitalis mit relativ breiten Proportionen und deutlicher Betonung der Senkrechten. So sind etwa der Mittelbalken des A und der nach oben ausgebuchtete Schrägschaft des N nur als feine Haarstriche ausgeführt, während Schäfte, Schrägschäfte und Bögen zumeist mit fetten Schattenstrichen gebildet sind. O ist oval oder spitzoval und ist in den inneren Scheitelpunkten gelegentlich mit kleinen Zierpünktchen besetzt. Auch die Schäfte des N werden mitunter außen von solchen Zierpunkten begleitet. A hat einen wuchtigen, beidseitig überstehenden Deckbalken, E ist zweibogig, und der Balken des H ist nach unten ausgebuchtet. Der Bogen des P ist sehr groß ausgeführt und nimmt fast die gesamte Zeilenhöhe ein. Das S am Beginn der beiden Inschriften ist von einem diagonalen Zierstrich durchschnitten, die Bogenlinien sind von haarfeinen Zierlinien begleitet. Eine begleitende Zierlinie schmückt auch den geschwungenen Schaft des J. Eigenartig sind die dünnstrichig ausgeführten Worttrenner, die zumeist wie ein zweibogiges E geformt sind. Der Stil der figürlichen Darstellung wie auch die Schriftformen weisen auf eine Entstehung der Kreuzigungsgruppe im frühen 16. Jahrhundert. Vielleicht besteht ein Zusammenhang mit der Errichtung einer Kaplanei in Untersteinbach im Jahre 15032. 1525 wurde diese dann in eine Pfarrei umgewandelt. Das Patronat besaß bis zur Reformation 1556 das Stift Öhringen.

Textkritischer Apparat

  1. Rechte untere Hälfte des O sowie der Rest des Worts durch den Kopf Marias verdeckt.

Anmerkungen

  1. Freundliche Mitteilung von Herrn Pfarrer Scholl, Untersteinbach, dem ich auch den Hinweis auf die Inschriften verdanke.
  2. Vgl. Pfarrerbuch Württ. Franken 1, 90.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 142 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0014200.