Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 139 Waldbach (Gde. Bretzfeld), ev. Pfarrkirche E. 15./A. 16. Jh.

Beschreibung

Kelch. Ursprünglich in Kloster Lichtenstern (Stadt Löwenstein, Lkr. Heilbronn); von dort als Ersatz für einen im Zuge der Plünderungen während des Interims 1547 von spanischen Truppen gestohlenen Kelch in die Waldbacher Pfarrkirche abgegeben1. Silber vergoldet; gegossen, getrieben und graviert. Sechspaßfuß mit profilierter Zarge; auf dem von Profilen eingefaßten unteren Abschnitt des sechseckigen Schafts die eingravierte Inschrift (B). Der – jetzt verkehrt montierte – ausladende Nodus besetzt mit sechs Rotuli, dazwischen Lanzetten mit gravierter Maßwerkfüllung; auf den rhombenförmigen Feldern der Rotuli die in Kontur gravierte Inschrift (A), Schriftgrund punziert. In den Feldern des oberen Schaftabschnitts gravierte Blütenmotive. Becherförmige Cuppa. Auf der Unterseite des Fußes zwei applizierte, gegeneinandergelehnte gravierte Wappenschilde.

Maße: H. 17,2, Dm. (Fuß) 12,6, (Cuppa) 9,8, Bu. 0,8 (A), 0,6 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Frühhumanistische Kapitalis (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    i//h//e//s//v//s

  2. B

    M/A/R/I/A/H

Wappen:
unbekannt2, unbekannt3.

Kommentar

Inschrift (A) ist in einer gedrungenen Bandminuskel mit nur zaghaft angedeuteten Falten und Knicken der Bänder ausgeführt. Für Ober- und Unterlängen fehlt der Platz, so daß alle Buchstaben in ein Zweilinienschema gezwängt sind. Das obere Schaftende und das untere Bogenende des h sind tief eingekerbt. Der steil-rechtsschräge, als Haarlinie ausgeführte Balken des e ist unten nach rechts eingerollt und reicht nicht bis an den Schaft heran. Die Frühhumanistische Kapitalis der Inschrift (B) ist einheitlich dünnstrichig eingraviert. Die beiden A sind spitz bzw. leicht trapezförmig und haben einen beidseitig überstehenden Deckbalken; der Mittelbalken des H ist nach oben ausgebuchtet, der Schaft des I ist in der Mitte mit zwei Zierpunkten besetzt, und M hat schräggestellte Schäfte und einen kurzen Mittelteil.

Die ganze Machart des Kelchs – offensichtlich einer Nürnberger Arbeit4 – weist in das ausgehende 15. oder frühe 16. Jahrhundert. Dazu passen sowohl die Schriftformen als auch die Umrißformen der Wappenschildchen. Die Stifterwappen ließen sich nicht identifizieren. Die Abgabe des Kelchs an die 1534 reformierte und bis dahin dem Zisterzienserinnenkloster Lichtenstern inkorporiert gewesene Pfarrei Waldbach geschah sicherlich auf Veranlassung des Herzogs von Württemberg, der 1547 Äbtissin und Konvent zur Unterzeichnung einer „Reformationsordnung“ zwang, in deren Folge das Kloster schließlich einging5.

Anmerkungen

  1. Bassler, Geschichte der Waldbacher Kirche 11.
  2. Linksgewendet. Gespalten, darin ein schreitender Widder (in verwechselten Tinkturen?), begleitet von drei (2:1) sechsstrahligen Sternen (vermutlich ebenfalls in verwechselten Tinkturen).
  3. Halbkrückenkreuz.
  4. So auch Bassler, Geschichte der Waldbacher Kirche 11. Zu vergleichbaren Nürnberger Kelchen vgl. Kohlhaussen 180–202; bes. die Gestaltung der Sechspaßfüße der Kelche Nrr. 276, 277, 279 und 280.
  5. Vgl. zuletzt Württ. Klosterbuch 324f. Waldbach war ab 1364 dem Kloster inkorporiert; vgl. Christa-Maria Mack, Die Geschichte des Klosters Lichtenstern von der Gründung bis zur Reformation (Göppinger akademische Beiträge 91), Göppingen 1975, 105.

Nachweise

  1. Bassler, Geschichte der Waldbacher Kirche 11 (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 139 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0013900.