Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 129 Neunstetten (Stadt Krautheim), ev. Pfarrkirche 1499

Beschreibung

Glocke. Schulterinschrift zwischen schmalen Stegen, darüber ein Zinnenfries, darunter ein Fries aus verschränkten Rundbögen mit Kleeblattbogenfüllung und anhängenden Lilien.

Maße: H. (o. Krone) 68, Dm. 83,5, Bu. 2,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. +a) O · san(n)a · heis · jch ·
    in · vnser · fraen · vnd · sant · jorgen · er · lvt · mavb) · mich · 1499

Versmaß: Prosa in Reimversen.

Kommentar

Als Worttrenner dienen gekrönte1 Glöckchen. Für den Buchstaben n ist durchweg ein auf den Kopf gestelltes v-Model verwendet. Bemerkenswerte Schriftmerkmale sind: e mit waagerecht gebrochenem oberen Bogenabschnitt und stark verkürztem, nicht bis zum Schaft zurückreichendem, haarfeinem Balken; h mit dreieckig verdicktem oberen Schaftende; j longa mit ausgesprochen steil rechtsschräg geschnittenem unteren Schaftende. Am Beginn der Inschrift wird als Versal ein spitzovales O mit kräftigen Bogenschwellungen eingesetzt. Die Ziffern sind nicht mit Hilfe von Modeln hergestellt, sondern frei aus der Wachsschicht ausgeschnitten. Auffällig ist die Ziffer 1 mit nur links eingeschnürtem senkrechten Schaft und linkem Halbnodus. Aufgrund der Gestaltung des Frieses und wegen des auch anderweitig in ähnlicher Form verwendeten Formulars erwägt S. Thurm eine Zuschreibung der Glocke an Jost Glockengießer2. Tatsächlich weisen auch die Schriftformen große Ähnlichkeit mit den signierten Glocken dieses Gießers auf3.

Textkritischer Apparat

  1. Kleeblattkreuz.
  2. So statt man; der Glockengießer unterließ hier, anders als sonst in der Inschrift, das v durch Drehung um 180 Grad zum n umzufunktionieren.

Anmerkungen

  1. Es handelt sich eindeutig um eine stilisierte Laubkrone. Irreführend ist die Beschreibung als „kronenartig mit drei Kleeblättern besetzte(s) Joch“ in Dt. Glockenatlas Baden Nr. 770.
  2. Ebd. Die Herkunft dieses Gießers ist unbekannt. Er ist nicht identisch mit dem Straßburger Glockengießer gleichen Namens, der etwas früher tätig war; vgl. ebd. 86 Anm. 130.
  3. Vgl. z. B. die Glocke von 1487 in Langenburg-Unterregenbach (Lkr. Schwäbisch Hall) mit den identischen charakteristischen Buchstabenformen von e und g und mit Verwendung des schmallinigen Kleeblattkreuzes, das auf der Neunstettener Glocke als Invokationskreuz dient, als Worttrenner: Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern Nr. 444, Abb. 179 (undeutlich).

Nachweise

  1. Kdm. Tauberbischofsheim 121.
  2. DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 569 (m. weiterer Lit.).
  3. Dt. Glockenatlas Baden Nr. 770, S. 28 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 129 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0012904.