Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 122 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche) 1497

Beschreibung

Gewölbeschlußstein mit Jahreszahl. Im Mittelschiffgewölbe des Langhauses. Das Sternrippengewölbe weist insgesamt neun aus Sandstein gefertigte Schlußsteine auf, von Osten nach Westen: 1. Brustbilder der Stiftspatrone Petrus und Paulus; 2. freiplastisch skulptiertes Vollwappen des Grafen Kraft VI. von Hohenlohe; 3. ringförmiger Schlußstein mit großer Öffnung1; 4. freiplastisch skulptiertes Vollwappen der Gräfin Helena von Württemberg, Gemahlin Krafts VI., mit zwei Helmen, hinter den Helmzierden ein Schriftband mit aufgemalter Jahreszahl, Schrift schwarz auf weißem Grund; 5. von einem Engel gehaltener Wappenschild mit Stiftswappen; 6. Rosette; 7. Heiliggeist-Taube; 8. Wappenschild; 9. Schild mit Meisterzeichen (Stz. nr. 5). Alle Steine farbig gefaßt; die Inschrift in ihrer jetzigen Form nicht ursprünglich. Bei einer Innenrenovierung der Kirche 1954 wurden Übermalungen des 19. Jahrhunderts beseitigt2.

Siehe Lageplan.

Maße: L. ca. 90, B. ca. 80, Zi. ca. 8 cm.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/1]

  1. 1497a)

Wappen:
Hohenlohe3, Württemberg4, Stift Öhringen5, Rynmann6, Bernhard Sporer7.

Kommentar

Die Ziffernformen – schlingenförmige 4 und lambdaförmige 7 – entsprechen zwar grundsätzlich denen des späten 15. Jahrhunderts, die konkrete Ausführung verrät aber die vollständige Neufassung der Inschrift bei einer Restaurierung.

Nachdem der Neubau des Chors schon um 1467 abgeschlossen war (vgl. nr. 70), wurde nach fast zwanzigjähriger Bauunterbrechung 1486 mit der Erweiterung des Langhauses begonnen. Der Bau wurde von den Grafen von Hohenlohe, dem Stift und der Bürgerschaft finanziert, den Entwurf der Staffelhalle lieferte der Baumeister Hans von Urach (um 1440–1505), während die Fertigstellung des Baus von Bernhard Sporer (um 1450/60–1526) besorgt wurde8. Das Jahr 1497 markiert vermutlich den Abschluß der Einwölbung, nachdem das Langhaus schon drei Jahre zuvor unter Dach war (Altarweihen im Mai 1494)9. Die Fertigstellung der Inneneinrichtung scheint sich dann noch bis 1501 hingezogen zu haben10.

Die beiden an zentraler Stelle im Mittelschiffgewölbe angebrachten Vollwappen bezeichnen den Grafen Kraft VI. von Hohenlohe († 1503) als den Landesherrn und Hauptbauherrn der Kirche und seine Frau Helena, Tochter des Grafen Ulrich V. und Schwester des 1495 zum Herzog erhobenen Eberhard von Württemberg. Auch die Schlußsteine der Gewölbe in den beiden Seitenschiffen und in den Einsatzkapellen tragen reichen plastischen Schmuck. Sie zeigen zahlreiche Heiligendarstellungen und Wappen zumeist bürgerlicher Stifter. Das mehrfache Vorkommen des Rynmannschen Wappens deutet auf eine erhebliche finanzielle Beteiligung des aus Öhringen stammenden Buchhändlers und Verlegers Hans Rynmann (vgl. nr. 214) am Kirchenbau hin. Zum figürlichen und inschriftlichen Schmuck der Gewölbekonsolen vgl. nr. 123.

Textkritischer Apparat

  1. 149 HZAN GA 55 IX. Bü 272.

Anmerkungen

  1. Darin jetzt eine von Bildhauer Lauggas geschaffene barocke Engelsgruppe mit Schriftband: Renovirt Anno MDCCXLVII.
  2. Grünenwald, Gewölbeschlußsteine (wie unten) 3.
  3. Stammwappen mit Adler-Helmzier.
  4. Neues herzogliches Wappen von 1495: Quadriert, 1. Württemberg, 2. Teck, 3. Reichssturmfahne, 4. Mömpelgard; Helmzierden: Württemberg, Teck.
  5. Zwei gekreuzte Schlüssel; von Knoblauch I/1, 388 fälschlich als Wappen von „Regensburg“ bezeichnet.
  6. In Gold ein blauer und ein roter Schrägbalken; vgl. nr. 184, 214. Nach Erdmann, Stiftskirche Öhringen 10 das „Wappen des Stadtschultheissen Prögler“.
  7. Meisterzeichen: Schaft mit vorderer Kopfabstrebe, hinterer Mittelhalbsprosse und eingebogener vorderer Fußstrebe; Abb. in Boger, Stiftskirche Öhringen 60 Abb. 7.
  8. Zur Baugeschichte vgl. Knoblauch, Baugeschichte d. Stiftskirche 93; ferner ausführlich: Knoblauch I/1, 376–379; zu den Baumeistern ebd. 464–480.
  9. Ebd. 377.
  10. Ebd. 378.

Nachweise

  1. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) IX. Bü 272 (Öhringen Stiftskirche).
  2. Albrecht, Stiftskirche Oehringen 23.
  3. OAB Öhringen 105.
  4. Elisabeth Grünenwald, Die Gewölbeschlußsteine im Langhaus, in: Hohenloher Chronik 2 (1954) Nr. 12, 3f.
  5. Dies., Der Neubau der Stiftskirche wurde 1454 begonnen, in: Hohenloher Chronik 3 (1955) Nr. 9, 3f., hier: 3.
  6. Der Lkr. Öhringen 2, 25.
  7. Knoblauch I/1, 378, 388.
  8. Rauser, Ohrntaler Heimatbuch 70.
  9. Erdmann, Stiftskirche Öhringen 10.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 122 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0012208.