Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 119 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Kreuzgang 1497

Beschreibung

Epitaph des Ritters Konrad von Berlichingen. Im Ostflügel des Kreuzgangs, neunter Stein von Norden; bis zur Neuanordnung der Grabmäler im Zuge des barocken Neubaus des Kreuzgangs siebtes Epitaph von Norden1. Hochrechteckige Sandsteinplatte mit rundbogigem Aufsatz, darin ein Vollwappen in hohem Relief. Die lebensgroße, auf einem Löwen stehende vollplastische Figur des Ritters ist in einen Ganzharnisch gekleidet und trägt eine Schaller. Der Streithammer (?) in der Rechten ist abgebrochen, vom Schwert, an dessen Parierstange die Linke ruht, ist nur der Griff erhalten. Um den Hals die Kollane mit Kleinod des brandenburgischen Schwanenordens; auf dem Schwertknauf Relief der Muttergottes. In den Ecken der Platte vier kleine Wappenschilde. Der zwischen Ritzlinien eingehauene Sterbevermerk läuft nur auf den beiden leicht nach außen hin abgeschrägten Längsseiten um. Er beginnt rechts oben und ist mehrfach durch die figürliche Darstellung unterbrochen. Mittelband und Raster für die Schaftabstände sind vorgeritzt. Reste farbiger Fassung.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 264, B. 79, Bu. 7,1–7,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/6]

  1. An(n)o d(omi)nia) Mcccc // lxxxxvij Jn die S(anc)ti blasij · o(biit) · stre(n)nuus d(omi)n(u)s Con//radus miles de berlichingen Cui(us) a(n)i(m)a re//quies(cat)b) · i(n) pacec) ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1497 am Tag des hl. Blasius (3. Februar)2 starb der veste Herr Konrad, Ritter von Berlichingen, dessen Seele in Frieden ruhe.

Wappen:
Berlichingen;
BebenburgKüchenmeister von Rothenburg3
GebsattelSeinsheim.

Kommentar

Die Minuskel weist – bei kurzen Ober- und Unterlängen – sehr schmale Proportionen auf. Die meist weit hinabreichenden Abstriche an e und Schaft-r sind einfach gebogen, eingerollt oder gewellt. Die nur sporadisch verwendeten Worttrenner bestehen aus Quadrangeln, deren obere und untere Spitze jeweils in eine eingerollte oder geschwungene Zierlinie ausläuft. Über u steht als diakritisches Zeichen ein v-förmiges Häkchen. Die breit angelegten Versalien sind aus der Gotischen Majuskel abgeleitet, sie zeigen jedoch nur schwache Bogenschwellungen, und in den Scheitelpunkten der Bögen von geschlossenem C und S sind Zierpunkte eingefügt. Der Schaft des J ist links mehrfach gezackt. Die Schriftmerkmale deuten auf den – vermutlich in Schöntal beheimateten – Steinmetzen, der zwischen 1465 und etwa 1511 eine Reihe von Abtsgrabplatten sowie die Grabplatte für Hans von Berlichingen († 1480) in Schöntal geschaffen hat4. Die sehr qualitätvolle figürliche Steinmetzarbeit ist aber sicherlich das Werk eines anderen Bildhauers5.

Konrad ist der Sohn Hans’ von Berlichingen zu Schrozberg († 1480) und einer von Gebsattel. Die Ahnenprobe auf dem Epitaph ist verschoben, da als zusätzliches, gewissermaßen „dynastisches“ Wappen das der Herren von Bebenburg aufgenommen ist – offenbar eine Demonstration der letztlich erfolgreichen Bemühungen Konrads, für sein Geschlecht den Status einer zweiten Gründerfamilie von Schöntal in der Nachfolge der Bebenburger zu erlangen6. Dadurch rückte das mütterliche Wappen nach rechts unten und die beiden Wappen der Großmütter auf die heraldisch linke Seite. Konrad war 1473 Amtmann zu Boxberg (Main-Tauber-Kreis) und tat sich in Kriegsdiensten Kaiser Friedrichs III. und König Maximilians I. in Ungarn, Italien und Flandern hervor. Seinen Einfluß am Hof nutzte er unter anderem dazu, für Kloster Schöntal eine Reihe von Privilegien zu erwirken7. Verheiratet war Konrad mit Margaretha von Wenkheim8. Seine Grabplatte ist nicht erhalten, ihre Inschrift ist aber überliefert (nr. 120) †.

Textkritischer Apparat

  1. Nach dem i eine überflüssige mittellange, oben und unten gebrochene Haste, die nachträglich durch Abrundung der Konturen getilgt wurde.
  2. Kein Kürzungszeichen.
  3. in pace ohne Worttrennung. Danach folgt bei Kremer und Hebenstreit noch: amen. Obijt in Lindauw 1497. Wo dieser Zusatz gestanden haben soll, ist unklar. Zum Sterbeort vgl. Berlichingen-Rossach, Götz 603.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 20r.
  2. Datierung nach dem Weihnachts- oder Neujahrsstil, jedenfalls nicht nach dem bei den Zisterziensern üblichen Annunziationsstil, da in diesem Fall die Jahresangabe Mcccclxxxxvij zu erwarten wäre.
  3. Mit zwei Kolben besetzter Spangenhelm.
  4. Vgl. Einl. 58.
  5. Die Zuschreibung an die Eseler-Werkstatt (so zuletzt noch Kdm. Künzelsau 350) bedarf einer gründlichen Revision.
  6. Vgl. dazu Rückert, Zur Memoria 92. Zur Wappenanordnung ferner Bauer, Grabsteine 420.
  7. Rückert, Zur Memoria 92. Zur Person vgl. ferner Friedrich Graf von Berlichingen-Rossach, Ritter Conrad von Berlichingen und seine Ahnen, in: WFr 5 H. 2 (1860) 173–202, bes. 192–200.
  8. Möller, Stamm-Taf. I, Taf. XXI; Kraus, Urkundenregesten Jagsthausen Nr. 62 (Eheabsprache 1458 II 17).

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 235 (fol. 120r neu).
  2. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 67.
  3. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 20r.
  4. Schönhuth, Grabmale Berlichingen 450.
  5. Berlichingen-Rossach, Denkmale 298.
  6. Ders., Götz 725.
  7. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 225.
  8. OAB Künzelsau 787.
  9. Meisinger, Taf. X Abb. 5.
  10. Kdm. Künzelsau 350, 348 (Abb.).
  11. Rückert, Zur Memoria 89 (Abb. spiegelverkehrt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 119 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0011908.