Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 103 Pfedelbach-Heuberg, Gemeinderaum der Ev. Kirchengemeinde (Charlottenstr. 5) 1488

Beschreibung

Glocke. Ursprünglich in der ev. Filialkapelle in Oberohrn (Gde. Pfedelbach), dort offenbar aus dem Vorgängerbau in die 1688 unter Benutzung älterer Bauteile neu errichtete Kapelle übernommen1. Die Glocke kam nach dem Ersten Weltkrieg nach Heuberg, wo sie, im Besitz der bürgerlichen Gemeinde, auf dem Armenhaus aufgehängt, 1926 geweiht und bis zum Beginn der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts dort geläutet wurde2. Nach dem Abbruch des Gebäudes 1969 wurde die Glocke an die Kirchengemeinde abgegeben. Nach einer Restaurierung in Nördlingen 1970, bei der die alten Kronenbügel mit Seilverzierung3 durch gleichartige neue ersetzt wurden, fand die Glocke ihren jetzigen Platz in einem Dachreiter auf dem Dach des Gemeinderaums der Kirchengemeinde. Schulterinschrift zwischen Schnurstegen.

Maße: H. (o. Krone) ca. 60, Dm. ca. 65, Bu. ca. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. +a) ẹvab) · gracia · plena4) · in · demc) ·d) lxxxuiiie) iarf)

Übersetzung:

Gegrüßt seist du, voll der Gnade.

Kommentar

Die Inschrift setzt sich aus dem lateinischen Mariengruß und aus einer deutschsprachigen Datierung zusammen. Die Datierung berücksichtigt nur die Minderzahl, nennt also das Jahrhundert nicht. Die Schrift ist eine wuchtige Gotische Minuskel. Der e-Balken ist als Haarstrich ausgeführt und unten nach außen eingerollt, ähnlich gestaltet ist der Abstrich an der quadrangelförmigen Fahne des r; x hat einen Mittelbalken. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe5. Die Glocke sei den Glockenbeschlagnahmeakten zufolge – ohne nähere Begründung – „vermutlich von Lachamann“ gegossen. Die Glocken dieses Heilbronner Gießers unterscheiden sich jedoch in der Gestaltung sowohl der Kronenbügel als auch der Schriftformen und der Worttrenner so deutlich von der Machart der Oberohrner Glocke, daß diese Zuschreibung mit Sicherheit verworfen werden kann6.

Textkritischer Apparat

  1. Tatzenkreuz.
  2. Der erste Buchstabe offenbar ein spiegelverkehrtes e. So statt ave; fehlt Glockenbeschlagnahmeakten.
  3. iudem Glockenbeschlagnahmeakten.
  4. In den Glockenbeschlagnahmeakten steht an dieser Stelle der Vermerk „– Lücke –“ ohne Angabe über deren Länge. Tatsächlich handelt es sich aber lediglich um einen geringfügig weiteren Wortabstand, in den ein Worttrenner gesetzt ist.
  5. Drei durchgestrichene x in Form von Sternchen, danach um Glockenbeschlagnahmeakten.
  6. Jahr goss Glockenbeschlagnahmeakten.

Anmerkungen

  1. Zum Neubau vgl. die Inschrift von 1688 über dem Eingang der Kapelle; Wiedergabe der Inschrift in Pfedelbach 1037–1987, 213. Für den Hinweis auf den jetzigen Standort der Glocke danke ich Herrn Pfarrer Wolfram Wild, Pfedelbach.
  2. Freundlicher Hinweis von Herrn Ernst Fischer, Pfedelbach-Heuberg. Ihm verdanke ich auch die übrigen Informationen zum weiteren Verbleib der Glocke. Vgl. auch Josef Kruck, Das Glöcklein auf dem Heuberg, in: Heimatgeschichtliche Bll. der Gemeinde Pfedelbach 1993 Nr. 9. Die Angaben in Pfedelbach 1987, 214, denen zufolge die Glocke in Oberohrn verblieben und im Zweiten Weltkrieg zusammen mit einer Glocke von 1887 eingeschmolzen worden sei, sind zu korrigieren.
  3. LKA, A 26 Nr. 1483,5 (Glockenbeschlagnahme 1917, OA Öhringen).
  4. Lc 1,28.
  5. Die Angabe in den Glockenbeschlagnahmeakten, es handele sich um Tatzenkreuzchen, ist unzutreffend.
  6. Zu den Eigentümlichkeiten der Lachaman-Glocken vgl. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern 31.

Nachweise

  1. LKA, A 26 Nr. 1483,5 (Glockenbeschlagnahme 1917, OA Öhringen).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 103 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0010303.