Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 98 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Kreuzgang um 1485?

Beschreibung

Epitaph des Götz von Berlichingen des Jüngeren († 1449). Im Ostflügel des Kreuzgangs, sechster Stein von Norden; bis zur Neuanordnung der Grabmäler im Zuge des barocken Neubaus des Kreuzgangs zehntes Epitaph von Norden1. Sandstein. Auf flachem, leicht vorspringendem Standsockel die lebensgroße vollrunde Figur des Verstorbenen in Ganzharnisch mit Schaller, in der Rechten ehedem einen (jetzt fehlenden) Streithammer haltend und mit der Linken an das Schwert greifend; über der Figur die Andeutung eines polygonalen Baldachins, möglicherweise war darüber ursprünglich eine Bekrönung vorhanden. Zu Häupten der Figur heraldisch rechts der am Baldachin aufgehängte Schild, links das zugehörige Oberwappen; zu Füßen zwei kleine Wappenschilde. Der Sterbevermerk (A) ist auf den leicht nach außen abgeschrägten Längsseiten zwischen Ritzlinien eingehauen, beginnt rechts oben unterhalb des Wappenhelms und ist mehrfach durch die figürliche Darstellung unterbrochen. Auf dem großen Scheibenknauf des Schwerts befindet sich, um eine Rosette angeordnet, Inschrift (B), deren einzelne Buchstaben von doppelten Zierlinien umrahmt werden, die zusammen eine weitere Rosette bilden. Schwertklinge und Scheide sind abgebrochen. Reste farbiger Fassung.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 210, B. 81, Bu. 7,2–7,6 (A), 1,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (B), mit Versalien (A).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/6]

  1. A

    · Anno // · d(omi)ni · M[°] · cccc° · xlix · jor · an · sant · thomas · obeṣtc apita) // starb · de(r) · vest · göcz · vo(n) · berlichingen · de(r) · jvnger · dem · got · ge=//=nedig · sey ·

  2. B

    · maria

Datum: 20. Dezember 1449.

Wappen:
Berlichingen;
Seinsheim, Küchenmeister von Rothenburg2.

Kommentar

Die für die Mitte des 15. Jahrhunderts schon zu weit entwickelte Rüstung des dargestellten Ritters macht eine Ansetzung des Grabmals unmittelbar nach dem Tod Götz’ 1449 unmöglich. Besonders die mächtigen Schulterstücke kommen so erst seit etwa 1465 vor3. Der Bildhauer, der die qualitätvolle Rittergestalt und die Wappen geschaffen hat, dürfte derselbe sein, dem auch das Schöntaler Epitaph des 1483 verstorbenen Friedrich von Berlichingen (nr. 93) und das Rothenburger Epitaph des Dietrich von Berlichingen von 14844 verdankt werden. Die Gotische Minuskel weist zwar gleich schmale Proportionen auf wie bei diesen Denkmälern und zeigt auch durchaus Ähnlichkeiten in Einzelformen, doch scheint bei der Schriftausführung eine andere Hand am Werk gewesen zu sein.

Die Tatsache, daß für das Ahnenwappen der Küchenmeister von Rothenburg – ebenso wie auf dem Epitaph für Götz’ Bruder Hans von 1480 (nr. 86) – das Zweibalkenwappen gewählt wurde und nicht wie bei den ab 1497 entstandenen Schöntaler Berlichingen-Epitaphien (vgl. nr. 119) das Helmwappen, spricht für eine frühere Entstehung des vorliegenden Grabmals. Deutliche Unterschiede in der Ausführung der Inschriften und auch stilistische Abweichungen in der figürlichen Darstellung weisen auf einen Abstand von einigen Jahren hin zwischen der Schaffung der Epitaphien für Götz, Hans und Friedrich und denen des Jahrhundertendes für Konrad und Kilian von Berlichingen, auch wenn man denselben Meister oder zumindest dieselbe Werkstatt annehmen will5. Die nachträgliche Anfertigung des Grabmals für Götz dürfte zusammenhängen mit den Bemühungen seines Neffen Konrad, die Totenmemoria für sein Geschlecht in Kloster Schöntal zu intensivieren6.

Zu Götz von Berlichingen vgl. seine Grabplatte (nr. 53).

Textkritischer Apparat

  1. Der Befund so – bis auf das lange s, in dessen Oberlängenbereich der Stein eine Beschädigung aufweist, – eindeutig; wie die Inschrift der Grabplatte (nr. 53) zeigt, ist die Textpassage verballhornt für apostel abend. So auch die meisten bisherigen Lesungen: Apostel abendt Hebenstreit; apostel abend Schönhuth; Berlichingen, Denkmale; abentt Kremer; obent Müller/Stöcklein; obent … OAB Künzelsau; obent apli Kdm. Künzelsau.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 20r.
  2. Zwei Balken. Vgl. nr. 86 Anm. 2.
  3. Vgl. etwa das rechte Schulterstück auf einem Grabmal von 1467: DI 25 (Ludwigsburg) nr. 96.
  4. DI 15 (Rothenburg o. d. T.) nr. 107.
  5. So – freilich wenig überzeugend, da ohne Begründung – Kdm. Künzelsau 348f.
  6. Vgl. nr. 93.

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 194 (fol. 99v neu).
  2. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 66.
  3. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 20r.
  4. Schönhuth, Grabdenkmale Berlichingen 450.
  5. Berlichingen-Rossach, Denkmale 297.
  6. Ders., Götz 724.
  7. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 225.
  8. OAB Künzelsau 787.
  9. Meisinger, Taf. X Abb. 3.
  10. Kdm. Künzelsau 348f. (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 98 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0009808.