Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 93 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Kreuzgang 1483

Beschreibung

Epitaph des Friedrich von Berlichingen. Im Ostflügel des Kreuzgangs, achter Stein von Norden; bis zur Neuanordnung der Grabmäler im Zuge des barocken Neubaus des Kreuzgangs 13. Epitaph von Norden1. Sandstein. Auf vorspringendem Standsockel die fast vollrunde Gestalt des Verstorbenen in Ganzharnisch ohne Helm, mit wulstartig gedrehter Stirnbinde. Der Streithammer in der Rechten fehlt, vom Schwert in der Linken ist nur noch der Griff vorhanden. Über der Figur polygonal vorspringender Baldachin, dessen ursprünglich sicherlich vorhandene Bekrönung jetzt fehlt. Heraldisch rechts oben ist der Wappenschild am Riemen aufgehängt, links oben das zugehörige Oberwappen; zu Füßen der Figur zwischen den Beinen und außen drei weitere, kleine Wappenschilde. Der Sterbevermerk (A) ist auf den beiden nach außen leicht abgeschrägten Längsseiten eingehauen und beginnt rechts oben unterhalb des Helms, er ist zum Feld hin durch einen Halbrundstab abgegrenzt; auf der Unterseite des Baldachins zweizeilige Inschrift (B). Für Inschrift (A) sind Mittelband und Raster für die Schaftabstände vorgeritzt, für Inschrift (B) das Vierlinienschema. Geringe Reste farbiger Fassung.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 212, B. 85,5, Bu. 8,0 (A), 3,0 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/4]

  1. A

    · A(nn)o · d(omi)ni · M° cccc · lxxxiij · jar · am · so(n)tag v(or)a) martinj · starb der · //b) vest · //c) fridrich · vo(n) · berlichingen · de(m) · got //d) genedig · sey ·e)

  2. B

    · Et · fuit · fili(us) dominj / · conradj · de berlichingenf) ·g)

Übersetzung:

Und er war ein Sohn des Herrn Konrad von Berlichingen.

Datum: 9. November 1483.

Wappen:
Berlichingen;
in der Mitte: Gebsattel2; rechts: Hund von Wenkheim3; links: Crailsheim4.

Kommentar

Die mit akkurater Vorzeichnung präzise und gleichmäßig ausgehauene Minuskel weist kaum Auffälligkeiten auf. Der gebrochene Unterbogen des g wird zum größten Teil aus einem langen waagerechten Balken gebildet, der nach links deutlich über den oberen Bogen hinausgreift. Das i ist gelegentlich mit Punkt, Strich oder Häkchen versehen, eine Regel ist nicht zu erkennen. Die Fahne des f und des langen s ist meist waagerecht umgebrochen. Als Worttrenner dienen Quadrangel. Der A-Versal hat einen verdoppelten linken Schrägschaft mit aufgesetzter tropfenförmiger Schwellung und ist unten durch einen Abschlußstrich geschlossen. Das Epitaph wurde nach Ausweis der Schriftgestaltung sowie aufgrund der einheitlichen Behandlung der Rüstung und der Form von Wappenschild, Helm, Helmzier und Helmdecke ohne jeden Zweifel vom selben Bildhauer geschaffen wie das Epitaph Dietrichs von Berlichingen († 1484) in der Franziskanerkirche zu Rothenburg5. Die Errichtung des Schöntaler Epitaphs ist wohl im Zusammenhang zu sehen mit den Bemühungen Konrads von Berlichingen, des Vaters des Verstorbenen, um eine Intensivierung der Totenmemoria für die Angehörigen seines Geschlechts in Schöntal und darum, für die Berlichingen die Rolle einer zweiten Klostergründungsfamilie zu erlangen. So erwirkte er 1487 das päpstliche Privileg, daß Frauen aus seinem Geschlecht künftig anläßlich von Begräbnis- und Totengedenkfeiern die Klosterkirche betreten durften6. Auch die nachträgliche Errichtung eines Epitaphs für den 1449 verstorbenen Götz den Jüngeren (nr. 98) zielt wohl in diese Richtung. Angesichts der großen Ähnlichkeit des vorliegenden Epitaphs zu dem Rothenburger von 1484 ist von einer Entstehung unmittelbar nach dem Tod Friedrichs auszugehen und nicht, wie behauptet wurde7, erst um 1500. Der in jugendlichem Alter dargestellte Friedrich verstarb offenbar unvermählt. Das Schöntaler Mortilogium gedenkt seiner – abweichend von der Sterbeinschrift – am 8. November8.

Textkritischer Apparat

  1. Steinmetzfehler, Lesung nicht eindeutig: nach v ein mittellanger, oben und unten gebrochener Schaft, der aber nachträglich getilgt wurde, indem er durch Eintiefen des Zwischenraums zum folgenden ersten Schaft des m mit diesem verschmolzen wurde; zwischen v und diesem Schaft ein übergeschriebener Kürzungsstrich. vr Berlichingen, Denkmale; OAB Künzelsau; vor Kremer; Schönhuth; nach Hebenstreit; uf Kdm. Künzelsau. Die beiden letzten Lesarten sind mit dem Befund nicht zu vereinbaren.
  2. Wechsel auf die linke Randleiste.
  3. Unterbrechung der Inschrift durch Wappen.
  4. Unterbrechung der Inschrift durch Arm der Standfigur.
  5. Als Schlußzeichen drei im Dreieck angeordnete Quadrangel, das rechte mit nach rechts angesetztem Zierbogen.
  6. de berlichingen ohne Worttrennung.
  7. Zierschnörkel als Schlußzeichen.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 20v.
  2. Wappen der Großmutter väterlicherseits. Zur Wappenanordnung vgl. auch Bauer, Grabsteine 420.
  3. Wappen der Mutter Margaretha Hund von Wenkheim.
  4. Wappen der Großmutter mütterlicherseits Dorothea von Crailsheim; vgl. Möller, Stamm-Taf. I, Taf. XXI.
  5. DI 15 (Rothenburg o. d. Tauber) nr. 107 (m. Abb.); vgl. bereits Meisinger 52. Eine Zuweisung an Hans Eseler von Amorbach (so Albert, Eseler 166; zuletzt noch Kdm. Künzelsau 349) ist nicht nachvollziehbar.
  6. Vgl. dazu Rückert, Zur Memoria 82.
  7. Kdm. Künzelsau 349.
  8. Rückert, Zur Memoria 88.

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 220 (fol. 112v neu).
  2. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 66.
  3. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 20v.
  4. Schönhut, Chronik Schönthal 195 (nur B, nach Aufzeichnung des Repetenten Zeller).
  5. Schönhuth, Grabdenkmale Berlichingen 450.
  6. Berlichingen-Rossach, Denkmale 297.
  7. Ders., Götz 724.
  8. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 225.
  9. Kröll 106 (nur B, nach Schönhut).
  10. OAB Künzelsau 787.
  11. Baum, Niederschwäb. Plastik 24, Abb. 10.
  12. Meisinger, Taf. X Abb. 4.
  13. Kdm. Künzelsau 349 (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 93 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0009308.