Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 76 Waldbach (Gde. Bretzfeld), ev. Pfarrkirche um 1470?

Beschreibung

Wandmalereien. Im Kreuzrippengewölbe des gotischen Turmchors. Gesamte Chorausmalung bei der Kirchenrenovierung 1961 freigelegt und restauriert. In der östlichen und westlichen Gewölbekappe die paarweise angeordneten Evangelistensymbole mit Beischriften in Schriftbändern: im Osten Johannesadler mit (A) und Matthäusengel mit (B), im Westen Lukasstier mit (C) und Markuslöwe mit (D); alle Inschriften schwarz auf weißem Grund. In der nördlichen und südlichen Gewölbekappe die vier Kirchenlehrer in von Maßwerk gerahmten Rundmedaillons1. In den Stichkappen des netzgewölbten fünfseitigen Chorschlusses Szenen aus Heiligenmartyrien; an den Wänden in zwei Registern Bilder eines Passionszyklus und Heiligendarstellungen. Stellenweise großflächige Ergänzungen; die Köpfe des Löwen und des Stiers zerstört; Schrift offenbar aufgefrischt.

Maße: Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. A

    · s · Johan · // ne//sa) ·

  2. B

    s · matheu[s]b)

  3. C

    · s · L · v//c · a · sc) · · // ·

  4. D

    · · s // m · a//rc//vsd) // ·

Kommentar

Inwieweit der heutige Schriftbefund noch dem ursprünglichen entspricht oder aber durch die Restaurierung verändert wurde, läßt sich nicht mehr mit Sicherheit entscheiden. Es handelt sich jedenfalls um eine schmal proportionierte Schrift mit großen Buchstabenabständen. Als Worttrenner dienen Quadrangel mit an allen vier Ecken angesetzten Zierhäkchen. Sie werden gelegentlich fälschlicherweise auch im Wortinnern verwendet. Nicht ursprünglich dürfte das jetzt durchweg anzutreffende einstöckige a sein, und auch die Versalienformen erscheinen für das 15. Jahrhundert etwas verdächtig.

Der Übergang der Waldbacher Ortsherrschaft von dem pfälzischen Obervogt zu Weinsberg Lutz Schott an das Kloster Lichtenstern im Jahr 14692 könnte der Anlaß für eine Neuausstattung des wohl im frühen 14. Jahrhundert errichteten Chors der Pfarrkirche gewesen sein, zumindest läßt sich der Stil der Malereien gut mit diesem Zeitansatz vereinbaren. Den Kirchensatz hatte das Kloster freilich schon etwa hundert Jahre zuvor 1363 erhalten, und ein Jahr danach war die Pfarrkirche dem Kloster inkorporiert worden3. Das Langhaus der Kirche wurde 1616 durch einen Neubau ersetzt (vgl. nr. 674).

Textkritischer Apparat

  1. Doppelte Unterbrechung der Inschrift durch die das Schriftband umgreifenden Klauen des Adlers.
  2. Letzter Buchstabe auf gestrichelter Fläche komplett ergänzt.
  3. Unterbrechung der Inschrift durch den linken Vorderfuß des Stiers.
  4. Unterbrechung der Inschrift durch die das Schriftband umgreifenden Pranken des Löwen.

Anmerkungen

  1. Beschreibung der Wandmalereien in Bassler, Geschichte der Waldbacher Kirche 7 (ohne Erwähnung der Inschriften).
  2. Vgl. Christa-Maria Mack, Die Geschichte des Klosters Lichtenstern von der Gründung bis zur Reformation (Göppinger akademische Beiträge 91), Göppingen 1975, 106; Der Lkr. Öhringen 2, 587f. Nach Dehio Baden-Württemberg I, 811 entstand die Chorausmalung „um 1465“.
  3. Mack, Lichtenstern (wie Anm. 2) 105.

Nachweise

  1. LDA Esslingen, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 15820 (Aufnahme von 1962).
  2. Der Hohenlohekreis 1, 300 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 76 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0007601.