Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 72 Künzelsau, ev. Johanneskirche 1470

Beschreibung

Epitaph des Simon von Stetten. Innen in der Südwestecke des Chors am Chorbogen. Sandstein. Vollplastische Standfigur eines gerüsteten Ritters in Vollharnisch und Schaller, in der Rechten eine (abgebrochene) Stangenwaffe1, in der Linken eine Setzpavese mit Wappen haltend. Die Figur steht auf einem kauernden Löwen, der vorspringende Standsockel ist als Fels gestaltet; über dem Ritter ein vorkragender Baldachin mit reicher Maßwerkverzierung. Auf den Längsseiten leicht nach außen abgeschrägte Rahmenleisten, darauf der eingehauene Sterbevermerk. Die Inschrift beginnt auf der rechten Leiste oben und ist auf beiden Leisten einheitlich ausgerichtet, so daß sie vom linken Rand des Grabmals her zu lesen ist. Über den Schultern des Ritters zwei Wappenschilde, ebenso zu beiden Seiten des Löwen, der als Wappenhalter für den heraldisch rechten Schild fungiert; oben auf beiden Rahmenleisten zwei kleine leere Schildchen. Leichte Stoßschäden; gesamtes Denkmal mit dickem Farbanstrich, dadurch Beeinträchtigung der Inschrift.

Maße: H. 250, B. 88, Bu. 7,6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

  1. · Anno · domini · M cccc lxx ior · do · starb · der · streng · vnd · fest · her · / Simon · von · //a) stetten · ritterb) · am · nechstenc) · mentag · nach · roced) · Jocu(n)ditat(is)2) ·

Datum: 28. Mai 1470.

Wappen:
Stetten;
StettenZobel von Giebelstadt
Wasen?3 unbekannt4.

Kommentar

Auffälligster Buchstabe der Gemeinen ist das breit angelegte, aus drei Schrägbalken zusammengesetzte z-förmige Bogen-r. Der Schaft des g ragt in den Oberlängenbereich und wird überschnitten von dem waagerechten oberen Abschnitt des gebrochenen oberen Bogens, an den rechts ein langer, unten umgebogener Abstrich angehängt ist. Ein gleich gestalteter Abstrich ist an die Fahne des r und den Balken des t angefügt, und der Balken des e ist ähnlich gebildet. Der Bogen des c ist oben meist waagerecht umgebrochen, ebenso die Fahne des f und des langen s. Die Oberschäfte von l und b enden spitz und sind nach rechts umgeknickt. Über i ist konsequent ein Punkt in Form eines kurzen gewölbten Strichs gesetzt. Die Versalien basieren auf der Gotischen Majuskel; der Schaft des J ist links mit zwei kurzen Ästchen besetzt, von denen das obere mit einem Kleeblatt verziert ist. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmig verzierte Quadrangel.

Simon von Stetten war nach den Stammtafeln Biedermanns ein Sohn Simons von Stetten († 1439?)5 und einer Elisabeth aus unbekanntem Geschlecht6. In erster Ehe soll er mit Anna von Thurn, in zweiter Ehe mit Barbara Zobel von Giebelstadt verheiratet gewesen sein, deren Mutter eine von Thüngen war. Falls diese Angaben richtig sind, wäre das obere linke Wappen das von Simons Frau. Seiner Mutter müßte dann konsequenterweise das rechte untere Wappen (Wasen, Weiler oder Heidebach) zugeordnet werden. Das linke untere Wappen müßte auch zu seiner Ahnenprobe gehören, da es nicht das der Mutter seiner Frau (nach Biedermann: Thüngen) ist. Angesichts der vielen Ungereimtheiten sind freilich an Biedermanns Angaben Zweifel angebracht, zumal auch der dort angeführte Bestattungsort Simons mit „Kloster Steinbach“ (welches?) nach Ausweis des Künzelsauer Grabmals falsch ist. Zusätzlich zu dem Epitaph existierte vielleicht ein Totenschild Simons in der Johanneskirche (nr. 73) †.

Auch wenn der spätgotische Chor in den Neubau der Johanneskirche von 1612/17 übernommen wurde, dürfte es sich bei dem Standort des Epitaphs nicht um den ursprünglichen handeln. Die einseitig von links her zu lesenden Inschriftenzeilen deuten vielmehr auf eine Aufstellung an der gegenüberliegenden, nördlichen Chorbogenseite hin, die es dem Betrachter erlaubte, von links an das Grabmal heranzutreten.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung durch den in die Umschrift ragenden gelehnten Wappenschild.
  2. e ohne Balken.
  3. Oberer Bogenabschnitt des c fehlt.
  4. So statt vocem.

Anmerkungen

  1. Reste eines vierkantigen Schafts, der bis zum Boden reichte, erhalten; demnach kein Streihammer oder -kolben.
  2. Vocem jocunditatis: Introitus des fünften Sonntags nach Ostern.
  3. Linksgewendet. Schreitender doppelköpfiger Schwan oder Storch; dasselbe Wappenbild führten die stammgleichen von Weiler und die von Heidebach; vgl. Schöler, Familienwappen 57, 112, Taf. 110. Eine eindeutige Zuweisung ist daher nicht möglich.
  4. Schreitender nackter Knabe, in der Rechten drei Blumen, in der Linken eine Hellebarde haltend. Bis auf die Waffe stimmt das Wappen mit dem der von Grumbach und der von Wolfskehl überein.
  5. Vgl. nr. 61 †.
  6. Biedermann, Ottenwald, tab. XL.

Nachweise

  1. StAL E 258 VI Bü 2117 (Ortsbeschreibung Kocherstetten).
  2. Bauer, Alterthümer 251.
  3. OAB Künzelsau 268.
  4. Der Dt. Herold 23 (1892), Beilage S. 19 (nur erwähnt).
  5. Köpchen 34 (nur erwähnt).
  6. Künzelsau am Kocher 14.
  7. Kdm. Künzelsau 50f. (m. Abb.).
  8. Rudolf Schlauch, Einkehr und Andacht. Kunstbetrachtungen in Hohenlohe, Gerabronn Crailsheim 1965, 76.
  9. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch I, 321 (nach Kdm.).
  10. Der Hohenlohekreis 2, 17 (Abb., verzerrt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 72 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0007203.