Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 54 Krautheim, kath. Stadtkirche Mariä Himmelfahrt 1. H. 15. Jh.?

Beschreibung

Taufstein. Bis zur Kirchenerweiterung von 1974/75 in der St.-Annen-Kapelle; seither in dem als Taufkapelle dienenden modernen Anbau in der Südwestecke. Sandstein. Über quadratischem, sich nach oben hin stark verjüngenden Schaft ein achteckiges Becken, in dessen unter dem Rand senkrecht verlaufende Seitenflächen in querrechteckigen Feldern die Evangelistennamen (A) flacherhaben ausgehauen sind; der Schriftgrund ist jeweils durch Spitzschläge mit dem Meißel aufgerauht und hebt sich dadurch von der glatten Oberfläche der Buchstaben deutlich ab. Unter den Schriftfeldern umzieht das Becken eine von Leisten gerahmte breite Rundkehle, darunter auf einer Seite der runden Wandung ein weiteres Schriftfeld mit wiederum erhaben ausgehauener Inschrift (B). Etliche Risse und zum Teil großflächige Ausbrüche geflickt und ergänzt; dicker Farbanstrich, die Schriftfelder mit dunkler Farbe abgesetzt.

Maße: H. 91, Dm. 76, Bu. 10,2 (A), 10,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (Bandminuskel).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    mateus // eb(an)g(e)list(a)a) // iohanes // eh(an)g(e)list(a)a)b) // marusc) // eb(an)g(e)list(a)a) // lucas // eb(an)g(e)list(a)a)

  2. B

    s(anctus) · petre·sd)

Kommentar

Obgleich dem Steinmetz zahlreiche Schreibfehler unterlaufen sind, ist die Schrift eine sehr sorgfältig gestaltete, ausgesprochen schmale Bandminuskel, deren Knicke durch feine – durch den dicken Farbanstrich jetzt freilich weitgehend verwischte – Ritzlinien angedeutet sind. Die Buchstaben sind fast vollständig in ein Zweilinienschema eingezwängt, die Oberlängen von b (bzw. h) und l ragen nur unmerklich über das Mittelband hinaus, langes s ist einmal ganz in den Mittellängenbereich eingefügt und somit von c nicht zu unterscheiden. An den auffällig tief sitzenden, den Schaft durchschneidenden Balken des t und den Fortsatz des g sind ebenso wie an die Fahne des r nach rechts eingerollte und an den Enden oft knopfartig verdickte rechtsschräge Abstriche angehängt. Der schräge, bis an den Schaft herangeführte Balken des e ist analog gebildet. Das „runde“ Schluß-s ist mit einem nach beiden Seiten mitunter weit ausladenden und an den Enden eingerollten Diagonalstrich durchstrichen. Zwar nicht in den Proportionen, aber in der Ausformung der einzelnen Buchstaben ergeben sich weitgehende Übereinstimmungen mit der ebenfalls in erhabener Minuskel, wenngleich in deutlich schwächerer Qualität, ausgeführten Bauinschrift der Krautheimer Kirche von 1419 (nr. 37), so daß ich keinen allzu großen zeitlichen Abstand zwischen beiden Inschriften vermute1. Die ähnlich schmal proportionierten (eingehauenen) Inschriften der Schöntaler Grabmäler des späten 15. Jahrhunderts (nrr. 85, 86, 98, 119) weichen dagegen in ihrem Formenkanon deutlich von der vorliegenden Minuskel ab.

Textkritischer Apparat

  1. Ohne Kürzungszeichen.
  2. h versehentlich statt b (Brechung am unteren Ende der rechten Mittellänge).
  3. So statt marcus.
  4. So statt petrus; versehentlich gesetzter Worttrenner zwischen den beiden letzten Buchstaben.

Anmerkungen

  1. Nach Gercke, St.-Marien-Kirche 13, soll der Taufstein erst „zum Inventar der Kirche von 1508“ gehören.

Nachweise

  1. Kdm. Tauberbischofsheim 98 (nur erwähnt). – DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 618 (m. Abb.). – Gercke, St.-Marien-Kirche 13f. (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 54 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0005405.