Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 33 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, kath. Pfarrkirche St. Joseph (ehem. Klosterkirche) (1414)

Beschreibung

Hochgrabdeckplatte (?) des Klosterstifters Wolfram von Bebenburg. Im westlichen Vorjoch des Langhauses an der Nordwand in eine Nische eingelassen, dorthin 1708 bei Beginn des barocken Kirchenneubaus versetzt1; zuvor im Mittelschiff des Vorgängerbaus neben der Marienkapelle2. Hochrechteckige Sandsteinplatte mit fast vollrunder Figur Wolframs in Konversentracht, mit langem Bart, in der Rechten einen Rosenkranz, in der Linken ein Kirchenmodell haltend; der Kopf ruht auf einem Kissen, zu Füßen ein liegender Löwe; links oben ein kleiner Wappenschild. Die eingehauene Umschrift beginnt rechts neben dem Wappen und läuft zwischen Linien auf dem leicht nach außen abgeschrägten Rand um, in der Fußleiste durch die Löwenfigur unterbrochen. Ränder ausgebrochen und ergänzt, ebenso die linke untere Ecke. Von den Beschädigungen sind stellenweise die Oberlängen der Inschrift und sämtliche außerhalb des Schriftbands stehenden Kürzungszeichen betroffen. Nach der Neuaufstellung wurden ober- und unterhalb des Grabmals von Abt Benedikt Knittel verfaßte Chronogramme eingehauen3.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 194, B. 86, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/1]

  1. anno · d(omi)ni · M[° ·] clvii° / wolffram · de · bebe(n)//burga) · fu(n)dauit · hoc · monasteriu(m) · et · pos/teab) // h(ab)itu(m) / i(n)duit · co(n)u(er)soru(m) · cui(us) · a(n)i(m)a · requiescat · in pacec) · amen +

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1157 hat Wolfram von Bebenburg dieses Kloster gegründet, und danach hat er den Habit der Konversen angelegt. Seine Seele ruhe in Frieden, amen.

Wappen:
Bebenburg.

Kommentar

Die Minuskelschrift stimmt in allen Buchstabenformen und in der Form der als auf der Kante liegenden Quadrangeln gestalteten Worttrenner mit der der beiden Schöntaler Grabmäler für die Brüder Gottfried und Konrad von Berlichingen (nrr. 23,24) überein, so daß an einer Entstehung in derselben, wohl in Würzburg beheimateten Werkstatt nicht zu zweifeln ist.

Der Edelfreie Wolfram von Bebenburg, der erstmals 1140 in der Nähe König Konrads III. aufscheint, hatte 1157 (kaiserliche und bischöfliche Bestätigung) oder wenig früher auf seinem Eigengut Neusaß ein Kloster zu seinem und seiner Familie Seelenheil gegründet und war bald darauf in seine Gründung als Konverse eingetreten4. Die zunächst nur spärlich ausgestattete Schenkung war anfangs von seinen Söhnen Wolfram und Dietrich angefochten, dann aber gebilligt worden. Die Würzburger Bischofsurkunde von 1163, die darüber berichtet5, ist sicherer Terminus ad quem für den Tod Wolframs, sein Todesjahr ist indes nicht bekannt. Sein Jahrgedächtnis wurde am 12. November begangen6. Über ein zeitgenössisches Grabmal Wolframs ist nichts bekannt.

Die Herstellung und Aufrichtung des vorliegenden Grabmals unter Abt Heinrich Rosenkaim (1407–1425) im Jahr 1414 ist chronikalisch bezeugt7. Die Errichtung des aufwendigen und repräsentativen Grabmals – der Gestaltung nach scheint es sich um ein Hochgrab gehandelt zu haben – über 250 Jahre nach dem Tod des Stifters stand – nicht zeitgenössischer Klosterüberlieferung zufolge – unter anderem im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Abt und Konvent von Schöntal mit den das Kloster bedrängenden jüngeren Bebenburgern. Im folgenden Jahr (1415 IX 4) soll dieser Konflikt beigelegt worden sein, indem Wilhelm und Rudolf von Bebenburg, die angeblichen Nachkommen („posteri“) des Stifters Wolfram8, künftig für sich und ihre Nachkommen darauf verzichteten, das Kloster weiterhin zu schädigen und die mittlerweile üblich gewordene jährliche Abgabe des Klosters von einem Gürtel, einem Gewand und einem Paar Filzschuhen einzufordern9. Falls diese Überlieferung des 17. Jahrhunderts einen realen Hintergrund hat, könnte das neue Stifterdenkmal somit unter anderem die Funktion gehabt haben, die – vorgeblichen oder tatsächlichen – Nachkommen des Stifters an ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kloster zu gemahnen. Des weiteren ist ein Zusammenhang anzunehmen mit den in dieser Zeit unternommenen Anstrengungen des Klosters Schöntal, die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen, die mit der Bestätigung auf dem Konstanzer Konzil 1418 durch König Sigismund ihren erfolgreichen Abschluß fanden10.

Textkritischer Apparat

  1. Obere Buchstabenteile von ebe zerstört, ebenso der ursprünglich sicherlich vorhandene Kürzungsstrich darüber. Das Wort wird durch den linken Arm der Figur unterbrochen.
  2. Obere Buchstabenteile von pos zerstört.
  3. in pace ohne Worttrennung.

Anmerkungen

  1. Knittel, Ortus et Aetas (StAL B 503 II Bü 19) p. 15.
  2. Vgl. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 24r: „ad latus sacelli Beatissimae Virginis Mariae … erecta“. Der genaue Standort der Marienkapelle ist nicht gesichert. Himmelheber (Kdm. Künzelsau 278) vermutet sie „am Chor“, gibt gleichwohl als ehem. Standort des Bebenburg-Grabmals den „Laienbrüderchor“ an (ebd. 336).
  3. SoCIabar aLVMnIs. // Ego DotaVI pLantas aLLoDIo / WoLfraM ReIChs FreIherr a BebenbVrg. Alle drei Chronogramme ergeben das Jahr 1157. Zur barocken Neuaufstellung – nunmehr als an der Wand aufgerichtetes Denkmal und seit 1714 in neuem Kontext – vgl. Brümmer, Kunst u. Herrschaftsanspruch 153–159.
  4. Zur Person – mit kritischer Sichtung der spärlichen historischen Informationen – vgl. zuletzt Meyer-Gebel, Zu Gründung u. Anfängen 65f., 69f. Demnach scheidet ein Zusammenhang mit den Reichsministerialen von Weinsberg, wie von Bossert, Ält. Herren v. Weinsberg 304, behauptet, aus. Zur plausiblen These, daß es sich bei der ersten Ansiedlung im hochgelegenen Neusaß nur um ein kurzfristiges Provisorium handelte, von dem aus die Anlage des neuen – jetzt „Schöntal“ genannten – Klosters im Tal organisiert wurde, vgl. Meyer-Gebel, Zu Gründung u. Anfängen 72–74.
  5. Vgl. ebd. 67, bes. zu den Söhnen Wolframs; WUB 2 Nr. 381.
  6. So im 1666 angelegten Mortilogium Schönthalense, vgl. Rückert, Von der frommen Adelsstiftung 25 Anm. 8. Abweichend davon gibt Abel (WLB Cod. hist. Q 308) p. 21 (um 1820) ohne Quellenbeleg den 12. Dezember an.
  7. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 43v u. fol. 100v. Die Überlieferung stammt zwar erst aus dem 17. Jh., doch unterstützt der inschriftenpaläographische Befund diesen Zeitansatz, da um diese Zeit einige weitere Grabmäler derselben Werkstatt entstanden sind; vgl. die Ausführungen in DI 54 (Mergentheim) nr. 29.
  8. Die Abstammung des Ministerialengeschlechts von Bebenburg von dem 1214 aus den Quellen verschwindenden Edelfreiengeschlecht gleichen Namens ist nicht erwiesen; vgl. Meyer-Gebel, Zu Gründung u. Anfängen 68 (dort auch der Hinweis auf die frühere Literatur).
  9. Kremer, Chronicon (WLB Cod. hist. F 422) p. 1246; Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 43v. Kritisch zur historischen Zuverlässigkeit der Überlieferung Rückert, Von der frommen Adelsstiftung 26.
  10. Ebd.

Nachweise

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 24r.
  2. Knittel, Ortus et Aetas (StAL B 503 II Bü 19) p. 15.
  3. Abel (WLB Cod. hist. Q 308) p. 21.
  4. Das Kloster Schönthal nach urkundlichen Quellen, Reutlingen 1833, 23.
  5. Bauer, Südwest-Frankens Ritterburgen (WLB Cod. hist. F 687) fol. 17v.
  6. Schönhut, Chronik Schönthal 16.
  7. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 154, 219.
  8. Berlichingen-Rossach, Götz 696.
  9. Kröll 19.
  10. OAB Künzelsau 780.
  11. Kdm. Künzelsau 336f., 335 (Abb.).
  12. Schweder, Kloster Schöntal 9 (Abb.).
  13. Hummel, 825 Jahre 64 (Abb.).
  14. Hummel, Kloster Schöntal 16 (dt. Übers.).
  15. Brümmer, Kunst u. Herrschaftsanspruch 156, 154 (Abb.).
  16. Kloster Schöntal. Begleitheft 1997, 9 (Abb.).
  17. Bauer, Gang durch’s Kloster 28 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 33 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0003306.