Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 26 Neuenstein, Schloß, Hohenlohe-Museum 3. D. 14. Jh.

Beschreibung

Kelch aus dem Öhringer Spital. Dauerleihgabe der Spitalstiftung, Inv.-Nr. Lei. G. Nr. 14. Silber vergoldet, gegossen, getrieben, graviert und emailliert. Runder Fuß über breiter Sockelplatte und flach abgerundeter Zarge; auf dem Fuß appliziertes getriebenes Rundmedaillon mit Darstellung der vera icon mit Kreuznimbus; zwischen Fußhals und rundem Schaft ein einfaches Wulstprofil. Zwischen den beiden glatten Schaftstücken der flache, ausladende Nodus, besetzt mit sechs rhombenförmigen Rotuli. Fünf der Rotuli tragen die vor flach eingetieftem Hintergrund erhaben hervortretenden Buchstaben des Mariennamens, der sechste Rotulus eine Rosette. Von der ursprünglichen blauen Emaillierung des Schriftgrundes sind nur mehr geringe Reste erhalten. In den Zwickeln des Nodus gravierte Fischblasen mit schlichter Maßwerkfüllung. Geradwandig aufsteigende, ausladende Kuppa. Die zugehörige, nur mit einem eingravierten Kreuz bezeichnete Patene ist ebenfalls erhalten (Inv.-Nr. Lei. G. Nr. 15).

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Kraft Fürst zu Hohenlohe, Neuenstein [1/3]

  1. M//A//R//I//Aa)

Kommentar

Die Schäfte der Buchstaben sind tief gespalten, die Bögen des symmetrischen unzialen M, Bogen und Cauda des R sowie der geschwungene linke Schrägschaft des pseudounzialen A weisen charakteristische, spitz ausgezogene Bogenschwellungen auf, alle Sporen sind zu kleinen Dreiecken verdickt. Der Mittelbalken des A ist steil rechtsschräg ausgerichtet. Diese typische Ausprägung der Gotischen Majuskel weist in die zweite Hälfte, näherhin wohl in das letzte Drittel des 14. Jahrhunderts. Die Form von Kuppa und Nodus paßt zu diesem Zeitansatz.

Das Öhringer Spital wurde 1353 von Kraft III. von Hohenlohe und seiner Frau Anna geb. Landgräfin von Leuchtenberg als Versorgungsanstalt für Alte und Gebrechliche gestiftet, 1354 wurde die Neugründung durch den Würzburger Bischof bestätigt1. Das Spital, das mit einer Annen- und Elisabeth-Kapelle, Kaplanei und Friedhof ausgestattet war, wurde zunächst innerhalb der Stadtmauern2 an der – nicht genau zu bestimmenden – Stelle der kurz zuvor im Zuge der Judenverfolgungen abgebrochenen Synagoge errichtet. 1376 wurde der Standort dann vor die Stadtmauern auf die linke Ohrnseite verlegt. Die dort neu errichtete Kapelle wurde noch im selben Jahr geweiht. Der Kelch wurde vermutlich erst nach dieser Verlegung des Spitals in die neue Kapelle gestiftet.

Textkritischer Apparat

  1. Danach eine Rosette.

Anmerkungen

  1. Vgl. zur Geschichte des Spitals Karl Schumm, 600 Jahre Öhringer Spital, in: Hohenloher Chronik 1 (1953); Knoblauch I/1, 552–556; Taddey, Öhringen im späten Mittelalter 69–71.
  2. So Taddey, Öhringen im späten Mittelater 69 gegen Knoblauch I/1, 552.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 26 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0002601.