Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 13 Kirchensall (Stadt Neuenstein), ev. Pfarrkirche 1. H. 14. Jh.

Beschreibung

Glocke. Mittlere von derzeit drei Glocken. Schulterinschrift zwischen weit auseinandergerückten Zwillingsstegen.

Maße: H. (o. Krone) 70, Dm. 89, Bu. 2,3–2,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. +a) CASPAR · BALTISAR · MELCHHIOR · IOHANNES · LVCAS · MARCVS · MATHEVS ·

Kommentar

Als Worttrenner dienen sechsstrahlige Sterne. Die einzeln ausgeschnittenen, noch nicht mit Modeln geformten Buchstaben haben breite, annähernd quadratische Proportionen. Schaft- und Balkenenden sind zu kräftigen Keilen verbreitert, die Bogenschwellungen sind deutlich ausgeprägt. Das trapezförmige A hat einen breiten, beidseitig weit überstehenden Deckbalken. B ist innen offen. C und unziales E sind durch einen fast Schaftstärke erreichenden Abschlußstrich geschlossen. Die Bögen des symmetrischen, offenen unzialen M, des runden N und des unzialen H sind auf der Grundlinie markant umgebogen, und ihre Enden sind zu breiten, liegenden, häufig oben abgerundeten Dreiecken erweitert. Ähnlich gestaltet sind die – nicht regelmäßig angefügten – überdimensionierten Sporen an den Schaftenden von H und L. Das I ist einmal mit Nodus, einmal mit Halbnodus versehen. Die Schriftformen erlauben eine Zuweisung der Glocke an den Meister der Feuerglocke von St. Lorenz in Nürnberg (Hermann Kessler I?)1. Eine weitere, kleinere Glocke für die Kirchensaller Kirche (nr. 14) hat dieselbe Gestaltung der Kronenbügel und der Einfassung der Schulterinschrift. Sie könnte daher trotz der erheblich abweichenden Buchstabenformen vom selben Gießer stammen2. Die Neuanschaffung der beiden Glocken könnte im Zusammenhang mit einem Kirchenneubau stehen, für den 1337 ein Ablaß bewilligt wurde3.

Sowohl den Namen der als Wetterheilige verehrten Heiligen Drei Könige als auch den Namen der vier Evangelisten schrieb man unheilabwehrende Kräfte zu.

Textkritischer Apparat

  1. Tatzenkreuz mit eingebogenen Balkenenden.

Anmerkungen

  1. So S. Thurm in Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern 13f.; zur möglichen Identifizierung als Hermann Kessler (I) vgl. Dt. Glockenatlas Mittelfranken 11–13. Die dem Meister der Feuerglocke von St. Lorenz zugewiesenen Glocken haben allerdings insgesamt recht uneinheitliche Schriftformen. Gemeinsame Merkmale sind die sternförmigen Worttrenner und die breite Strichstärke der Buchstaben.
  2. S. Thurm geht – ohne auf die unterschiedlichen Schriftformen einzugehen – davon aus, daß beide Glocken demselben Gießer zuzuweisen sind; vgl. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern 13f.
  3. Vgl. LdBW IV, 209.

Nachweise

  1. OAB Öhringen 246.
  2. Keppler 265.
  3. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern Nr. 1114, Abb. 157.
  4. Der Lkr. Öhringen 2, 250 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 13 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0001304.