Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 7† Eschental (Gde. Kupferzell), ev. Pfarrkirche 2. H. 13. Jh.

Beschreibung

Glocke. Kleinste Glocke eines (1917) dreiteiligen Geläutes. 1917 als C-Glocke eingestuft1, aber dennoch abgeliefert und eingeschmolzen. Schulterinschrift zwischen groben Stegen.

Inschrift nach Abklatsch2.

Maße: H. (o. Krone) 60, Dm. 753, Bu. 2,2–2,7 cm.4

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. +a) S(ANCTUS) · LUCASb) · S(ANCTUS) MARC̣VSc) · S(ANCTUS) · MATHEUS · S(ANCTUS) · IOHANNES · OSANNA

Kommentar

Die Buchstaben sind in Wachsfadentechnik geformt. Soweit der Abklatsch erkennen läßt, sind die freien Schaft-, Balken- und Bogenenden meist keilförmig oder kolbenförmig verbreitert. Bogenschwellungen sind – wie bei dieser Technik nicht anders zu erwarten – kaum ausgeprägt, allenfalls am geschwungenen linken Schaft des pseudounzialen A, der zudem verdoppelt bzw. von einer Zierlinie begleitet zu sein scheint. Der Balken des pseudounzialen A ist teils geknickt, teils rechtsschräg. Daneben wird auch ein kapitales A mit geknicktem Mittel- und beidseitig überstehendem Deckbalken verwendet. Das noch völlig offene C hat in dem Wort LUCAS einen senkrechten eingestellten Zierstrich, ebenso wohl auch das spiegelverkehrte unziale E in IOHANNES: Soweit zu erkennen, scheint der Mittelbalken an diesem Zierstrich anzusetzen. Auch das E ist nicht geschlossen. Doppelformen zeigen neben dem A auch H, N und U. Das unziale H hat einen weit oben am Schaft ansetzenden Bogen, der bis zur Höhe des Schafts ansteigt und dessen Ende nach außen umgebogen und dreieckig verdickt ist. Das unziale M ist links geschlossen, das kapitale hat senkrechte Schäfte und einen bis zur Zeilenmitte herabreichenden Mittelteil. Das unziale U ist ebenso wie das kapitale N stets spiegelverkehrt. Das erste N in OSANNA scheint eine Mischform aus kapitaler und runder Form zu sein: die gerade linke Haste ist mit der gegen-s-förmig geschwungenen rechten Haste durch einen Linksschrägschaft verbunden. Der Schaft des I ist in der Mitte mit einem Nodus versehen. Als Worttrenner dienen unterschiedlich große runde Punkte, teilweise wohl auch Ringe. Eine nähere zeitliche Einordnung ist mangels sicher datiertem Vergleichsmaterial schwierig. Das Invokationskreuz gleicht dem auf einer 1275 in Ulm-Wiblingen gegossenen Glocke5, die ebenso wie eine aus der Beutelsbacher Stiftskirche (Rems-Murr-Kreis) stammende Glocke von 12856 einige Schriftgemeinsamkeiten mit der Eschentaler Glocke aufweist. Die Inschriften beider Glocken sind aber gleichmäßiger und mit schwächerer Betonung der Schaft-, Balken- und Bogenenden gebildet. Vom gesamten Schriftduktus recht ähnlich ist auch die Inschrift der ältesten erhaltenen Niedernhaller Glocke (nr. 6). Die – wie dort – große Schriftvarianz und die ausgiebige Verwendung der eingestellten Zierstriche bei A, C und E, welche sonst verstärkt erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Inschriften zu beobachten sind, sprechen eher für eine Datierung in die zweite als in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Die Glocke soll angeblich aus der Kapelle der längst abgegangenen Günzburg über Eschental stammen7, doch erscheint ein schon ursprünglicher Zusammenhang mit dem ältesten bezeugten Eschentaler Kirchenbau plausibler, der aufgrund einer Stiftung Seifrieds von Enslingen um die Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein dürfte8. Zwei Eschentaler Glocken von 1485 sind erhalten (nrr. 96, 97).

Textkritischer Apparat

  1. Schneckenkreuz oder Mauerankerkreuz; im Abklatsch nur undeutlich abgebildet.
  2. Das L wohl beim Guß verrutscht; erkennbar ist lediglich ein leicht nach links geneigter Balken auf halber Zeilenhöhe, an dem unten ein schmaler linksschräger Strich ansetzt.
  3. Der vierte Buchstabe im Abklatsch nur schwach abgeformt, aber wohl eher ein C als ein K.

Anmerkungen

  1. LKA, A 26 Nr. 1483,5 (Glockenbeschlagnahme 1917 OA Öhringen); 900 Jahre Eschental 33.
  2. Ev. PfarrA Eschental, Glockenakten. Abklatsch vermutlich 1917 angefertigt.
  3. Maße nach LKA, A 26 Nr. 1483,5 (Glockenbeschlagnahme 1917 OA Öhringen).
  4. Schriftgrößenangabe nach Abklatsch.
  5. Dt. Glockenatlas Württ./Hohenzollern Nr. 1812.
  6. Ebd. Nr. 1590; DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nr. 5.
  7. 900 Jahre Eschental 17.
  8. Ebd. 26.

Nachweise

  1. Ev. PfarrA Eschental, Glockenakten (Abklatsch 1917?).
  2. 900 Jahre Eschental 17, 33, 49 (erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 7† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0000706.