Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 626† Andreasplatz 19 (no. 1772) 1615

Beschreibung

Haus. Fachwerk.1) Das Haus an der Ecke zur Eckemekerstraße war vier Geschosse hoch und acht Gefache breit, in der linken und der rechten zum Andreasplatz hin gelegenen Haushälfte je ein zweigeschossiger Erker am zweiten und dritten Obergeschoß. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Über der Tür befand sich die Jahreszahl A umgeben von Rankenornamenten, in der darübergelegenen Brüstungstafel des ersten Obergeschosses ein Wappen und eine Hausmarke im Wappenschild mit den Beischriften F. Die Inschriften B waren auf den Brüstungstafeln im ersten Obergeschoß als Beischriften zu allegorischen Darstellungen einzelner Tugenden angebracht, C auf den Brüstungstafeln im zweiten Obergeschoß als Beischriften zu sechs allegorischen Darstellungen der Sieben Freien Künste und der Elemente Erde und Wasser, D auf den Brüstungstafeln im dritten Obergeschoß als Beischriften zu allegorischen Darstellungen von sechs Planetengottheiten2) und den Elementen Feuer und Luft, E auf dem Schwellbalken des zweiten Obergeschosses. Die Jahreszahl A und die Inschrift F waren erhaben vor vertieftem Hintergrund ausgeführt.

Inschriften A und F nach Photo Slg. Rieckenberg; B, C, E nach Photo Roemer-Museum H 6833 und Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten; D nach Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten.

Schriftart(en): Kapitalis (B, C), Fraktur (E, F).

  1. A

    1615

  2. B

    PRVDEN/TIA // IVSTITIA // CARITAS // FIDES // TEMPORA(N)TIAa) // SPES // FORTITVDOb)

  3. C

    GRAMATICA // DIELECTI/CAc) // MVSICAd) // ARTMETe) // MVSICA // GEOMETRIf) // TERRA // AQVAg)

  4. D

    SATVRNVS // JVPITER // MARS // SOL // VENVS // MARCVRIVSh) // IGNIS // AER

  5. E

    Ach got wie geit das immer zu Daß die mich hassn den ich nichts thu Die mir nichtei) gonnen vnd nichtei) gebn Mussen dennoch leiden das ich leb3) Wenn sie meynen ich sey verdorbn So mvssen sie für sich selber sorgn Abr ich traw Got vnd nicht verzag Den gelt gvt glück kompt alle Tagj)

  6. F

    Jochim Krone Angnetek) Oldenhorst

Übersetzung:

Klugheit. Gerechtigkeit. Liebe. Glaube. Mäßigung. Hoffnung. Stärke. (B)

Grammatik. Dialektik. Musik. Arithmetik. Musik. Geometrie. Erde. Wasser. (C)

Saturn. Jupiter. Mars. Sonne. Venus. Merkur. Feuer. Luft. (D)

Wappen:
Krone*, Oldenhorst4)

Kommentar

Joachim Krone ist in der Schoßliste des Jahres 1621 in der Sutorum-Bäuerschaft auf dem Andreaskirchhof nachzuweisen.5)

Textkritischer Apparat

  1. TEMPORA(N)TIA] Statt TEMPERA(N)TIA.
  2. CARITAS ... FORTITVDO] Nach Kd.
  3. DIELECTI/CA] Statt DIALECTICA.
  4. MVSICA] Die beiden ersten Buchstaben nach Kd.
  5. ARTMET] Statt ARITHMETICA.
  6. GEOMETRI] Statt GEOMETRIA.
  7. ARTMET ... AQVA] Nach Kd.
  8. MARCVRIVS] Statt MERCVRIVS.
  9. nichte] Das e wahrscheinlich bei einer Restaurierung aus einem s entstellt. Mithoff gibt im ersten Fall ein Schaft-s am Schluß wieder.
  10. leiden ... Tag] Nach Kd.
  11. Angnete] Auguste StaHi, Bestand 856, Nr. 50/268/9, Kasten 30, s. v. Krone.

Anmerkungen

  1. Beschreibung und Schriftarten nach Photos Roemer-Museum H 4512/80f., H 3758/8, H 6833 (die Inschriften sind auf den Photos nur zum Teil erkennbar) und Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 273.
  2. Behrendsen hat die Darstellungen der Planetengottheiten auf eine fälschlich Hans Sebald Beham zugeschriebene Stichfolge zurückgeführt, vgl. O. Behrendsen: Darstellungen von Planetengottheiten an und in deutschen Bauten. Straßburg 1926 (Studien zur Deutschen Kunstgeschichte 236), S. 54.
  3. Die ersten drei bzw. vier Zeilen der Inschrift E waren noch an zwei weiteren Häusern in Hildesheim angebracht, vgl. Nr. 669, Nr. 672. In ähnlicher Form findet sich der Spruch auch in den Inschriftenbeständen Goslar und Hannover, vgl. DI 45 (Stadt Goslar), Nr. 170 (1648); DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 295 (um 1630).
  4. Wappen Oldenhorst (Hausmarke H14). Vgl. Nr. 430.
  5. StaHi, Bestand 50, Nr. 1929, fol. 28r.

Nachweise

  1. Photo Roemer-Museum H 3758/8, H 6833.
  2. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 273.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 181 (E, F).
  4. DBHi, HS 789, fol. 432v.
  5. Schütte, Hildesheimer Hausinschriften, S. 19.
  6. Slg. Rieckenberg, S. 1000f., ein Photo.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 626† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0062601.