Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 528† Hoher Weg / Altpetristraße 1599

Beschreibung

Haus an der Ecke zwischen dem Hohen Weg und der Altpetristraße. Die Anbringungsorte der Inschriften A–F sind nicht näher bezeichnet, G und H an zwei Kaminen, die Inschriften I–K auf einem Stein im Keller.

Inschriften nach Buhlers.

  1. A

    Fato rerum prudentia maior1)

  2. B

    Moniti meliora2)

  3. C

    Deus nobis haec otia fecit3)

  4. D

    Discite justitiam moniti et non temnere divos4) 1599

  5. E

    Stat sua cuiquea) dies breve et irreparabile tempus Omnibus est vitae sed famam extendere factis Hoc virtutis opus5)

  6. F

    [ - - - ] Pauci quos aequus amavit Jupiter aut ardens evexit ad aethera virtus Dis geniti potuere quibus fortuna secunda Applaudit Deus ipse faces animumque ministrat6)

  7. G

    ante focos si frigus erit7)

  8. H

    invitat genialis hiems8)

  9. I

    Geht in alle Welt9)

  10. J

    Johannis 10 Nemo rapiet oves meas ex manibus meis10)

  11. K

    Felices animas coeli quibus arce receptis attulit extremam mors properata diem

Übersetzung:

Die Einsicht in die Welt ist stärker als das Schicksal. (A) [Laßt uns] gewarnt dem Besseren [folgen]. (B) Gott hat diese Muße für uns geschaffen. (C) Lernt Gerechtigkeit, laßt euch mahnen und verachtet nicht die Götter. (D) Jedem ist sein Tag bestimmt, kurz und unwiederbringlich ist die Zeit des Lebens für alle. Aber durch Taten den Ruhm zu erweitern, das ist das Werk der Tugend. (E) Nur wenige, die Jupiter wohlwollend liebte oder die ein glühender Tatendrang zum Himmel emporhob, Göttersöhne, vermochten es. Denen spendet das geneigte Schicksal Beifall, Gott selbst besorgt die Fackel und den Mut. (F) Vor das Herdfeuer lädt, wenn es kalt wird, der gemütliche Winter. (G, H) Johannes 10. Niemand soll meine Schafe aus meinen Händen reißen. (J) Glückliche Seelen, denen, da sie nun in die Himmelsburg aufgenommen sind, der beschleunigte Tod den letzten Tag gebracht hat. (K)

Versmaß: Teile von Hexametern (A–C), Hexameter (D–F), zwei Hexameteranfänge (G, H), elegisches Distichon (K).

Kommentar

Die Inschriften A–H sind auffallend einheitlich den Werken des Vergil entnommen. Sie konnten zwar mit Ausnahme von (A) nicht in sprichwörtlicher Verwendung nachgewiesen werden, ihr proverbiales Textprofil spricht jedoch dafür, eine zeitgenössische Sprichwörtersammlung und nicht die antiken Texte selbst als Quelle anzunehmen.

Textkritischer Apparat

  1. cuique] cuiqui Buhlers.

Anmerkungen

  1. Vgl. Dielitz, Wahl- und Denksprüche, Sp. 97a; Vergil, Georgica I, 416: ingenium aut rerum fato prudentia maior.
  2. Vergil, Aeneis III, 188: cedamus Phoebo et moniti meliora sequamur.
  3. Vergil, Ecloga I, 6.
  4. Vergil, Aeneis VI, 620.
  5. Vergil, Aeneis X, 467–469.
  6. Pauci ... potuere vgl. Vergil, Aeneis VI, 129–131; Deus ... ministrat vgl. Vergil, Aeneis V, 640.
  7. Nach Vergil, Ecloga V, 70: hilarans convivia bacco / ante focum si frigus erit si messis in umbra.
  8. Vergil, Georgica I, 302. Der Hexameter lautet vollständig: invitat genialis hiems curasque resolvit.
  9. Mt. 28,29.
  10. Nach Io. 10,28.

Nachweise

  1. Buhlers, Zerstörte Hildesheimer Haussprüche, S. 214.
  2. Slg. Rieckenberg, S. 926f.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 528† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0052800.