Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 498† Osterstr. 56 oder 57 (Scheelenstr. no. 277) 1591, 1595

Beschreibung

Haus. Die Inschriften A und B sind nicht eindeutig dem Haus der Brauergilde in der Osterstr. 56 oder 57 (= Scheelenstr. no. 277) zuzuordnen, da Buhlers keine nähere Lokalisierung als „über dem Brauhause“ angibt.1) Zeller geht im Gegensatz zu der hier vorgenommenen Zuordnung davon aus, daß die schon zu seiner Zeit verlorenen Inschriften an einem Vorgängerbau des 1750 erbauten Städtischen Brauhauses am Hagentor angebracht waren.2) Inschrift A befand sich am Vorderhaus, B am Hinterhaus unter dem Wappen der Brauergilde.3) Dasselbe Wappen war noch einmal über dem Eingang in der Nische einer Ädikula angebracht, auf deren Gebälk und in deren Sockel das Baudatum C stand. Diese Wappenädikula überliefert auch Zeller für das Haus Osterstr. 57.4)

Inschriften A und B nach Buhlers, C nach DBHi, HS C 27.

  1. A

    Zoile5) quid nostros carpis perjure labores Cum divina tuos vincat patientia morsus Mens rectaa) invidiam et virescatb) vulnere virtus6) 1595

  2. B

    Mens quia celsa petit tractat quia palma polentam Conus habet plumas grana sed umbo tegit

  3. C

    ANNO DOMINI // 1591

Übersetzung:

Lügnerischer Zoilus, was tadelst du unsere Arbeiten, da doch die göttliche Geduld deine Bisse [und] die aufrechte Gesinnung den Neid besiegt und die Tugend aus der Verwundung neue Kraft erhält. (A) Weil der Geist nach Erhabenem strebt und die flache Hand das Malz bearbeitet, besteht [im Wappen] die Helmzier aus Federn [und] unter dem Schildbuckel befinden sich [Malz]körner. (B)

Versmaß: Drei Hexameter (A), ein elegisches Distichon (B).

Wappen:
Brauergilde7)

Kommentar

Inschrift B beschreibt den Inhalt des Wappens der Brauergilde in einem elegischen Distichon. Die Federn der Helmzier stehen für die geistige Tätigkeit, die Malzkörner für die Handarbeit.

Das Haus gehörte ursprünglich der Familie des Bürgermeisters Harmen Sprenger. Im Jahr 1558, nachdem Sprenger wegen Verfehlungen während seines Bürgermeisteramts stadtflüchtig war, wurde es zugunsten der Brauergilde zwangsversteigert.8)

Textkritischer Apparat

  1. Mens recta] Konjektur Buhlers, seine Vorlage überlieferte: mens recti.
  2. virescat] virescit Konjektur Buhlers, in der von ihm benutzten Handschrift: virescat.

Anmerkungen

  1. Buhlers, Zerstörte Hildesheimer Hausinschriften, S. 212.
  2. Zeller in Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 70.
  3. Vgl. Buhlers, Zerstörte Hildesheimer Hausinschriften, S. 212.
  4. Zeller, Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 116.
  5. Zoilus, der es wagte, die Werke des Homer zu kritisieren, steht hier als Bild für den kleinlichen Kritiker.
  6. Virescit vulnere virtus nach Furian zitiert bei Gellius, Noctes atticae, 18, 11,4.
  7. Wappen Brauergilde (fünf Malzkörner, Helmzier: drei Federn). Vgl. StaHi, Bestand 856, Nr. 50/268/10, Kasten 32: fünf Gerstenkörner 3:2, die Helmzier ist nicht beschrieben.
  8. Zu Harmen Sprenger vgl. Schlotter, Hildesheimer Familiengeschichten, S. 88.

Nachweise

  1. Buhlers, Zerstörte Hildesheimer Haussprüche, S. 212.
  2. DBHi, HS C 27, Kap. 6: No. 39a ‚Brauerhaus oder Brauergildehaus‘, S. 2 (C).
  3. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 70, S. 116.
  4. Slg. Rieckenberg, S. 906.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 498† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0049808.