Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 468 Roemer-Museum 1585, 1621

Beschreibung

Haus.1) Fachwerk. Die Inschriften stammen vom Haus Kleine Venedig 9 (no. 1355). Das traufenständige, dreigeschossige Haus von 1621 war vier Gefache breit. Es lag in der Dammstraße, in der rechten Haushälfte befand sich eine zwei Gefache breite Durchfahrt zu der dahinterliegenden Straße Kleine Venedig.2) Das Haus wurde 1894 abgebrochen.3) Die in zwei vertieften Zeilen erhaben ausgeführte Inschrift A befindet sich auf einem steinernen Kaminsturz des Vorgängerbaus. Der Sturz war in den Sockel des Hauses von 1621 eingemauert,4) heute wird er im Lapidarium des Roemer-Museums aufbewahrt.5) Links und rechts der Inschrift je ein Wappenschild. Außen auf beiden Seiten je ein Feld mit zwei Ziffern der Jahreszahl B. Die Inschriften C und D befinden sich auf einem Balken, der ursprünglich als Türsturz diente. Dieser Balken gehört heute zu den Beständen des Roemer-Museums.6) Die Inschrift C ist in zwei Zeilen erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt, dazwischen zwei Wappen. Unterhalb der Namen in zwei Feldern das Baudatum D. Die Inschriften E befinden sich auf vier ehemals am ersten Obergeschoß angebrachten Brüstungstafeln, die im Roemer-Museum erhalten sind,7) F ebenfalls auf ehemals vier Brüstungstafeln, die im zweiten Obergeschoß des Hauses angebracht waren. Die Tafel mit der Darstellung der Musica fehlt. Die Inschriften stehen als Beischriften zu allegorischen Darstellungen der Tugenden Temperantia, Caritas, Prudentia und Justitia sowie vier der Sieben Freien Künste.

Inschriften E und F ergänzt nach Roemer-Museum, Tuschzeichnung Meyer.

Maße: H.: 55,5 cm; B.: 272,5 cm; Bu.: 7,5 cm (A, B). H.: 47 cm; B.: 169 cm; Bu.: ca. 6 cm (C, D). H.: 45 cm; L.: 167 cm; Bu.: ca. 3,5 cm (E, Tafel Temperantia). H.: 43 cm; B.: 98,5 cm; Bu.: ca. 3,5 cm (E, Tafel Charitas). H.: 51,5 cm; B.: 156,5 cm; Bu.: ca. 4,5–5 cm (E, Tafel Prudentia). H.: 53 cm; B.: 146,8 cm; Bu.: ca. 3,5–4,5 cm (E, Tafel Justitia). H.: 55,8 cm; B.: 168,5 cm; Bu.: 4–4,5 cm (F, Tafel Rhetorik). H.: 55,5 cm; B.: 133,8 cm; Bu.: 4,5–5 cm (F, Tafel Arithmetik). H.: 54 cm; B.: 152,5 cm; Bu.: ca. 4,5–5 cm (F, Tafel Geometrie).

Schriftart(en): Fraktur (A, C, D), Kapitalis (E, F).

Christine Wulf [1/1]

  1. A

    Andreas Eickhoff / Ilsabe Hessen

  2. B

    15 // 85

  3. C

    Ludolff / Kolditze // Ilsabe / Eickhoff

  4. D

    Anno // 1621

  5. E

    [TEM]PER/ANTAa) // CARITAS // PRVDE(N)/CIA // IVSTICIA

  6. F

    RHETORI/CA // AETIHMETb) // [MVSICA] // GEOMETRIA

Übersetzung:

Mäßigung. Liebe. Klugheit. Gerechtigkeit. (E)

Rhetorik. Arithmetik. Musik. Geometrie. (F)

Wappen:
Eickhoff8), Hesse*
Kolditze9), Eickhoff8)

Kommentar

Andreas Eickhoff ist 1596 als Beikämmerer nachzuweisen.10) Ilsabe Hesse war die Tochter des Ratsherrn Hinrich Hesse und seiner Ehefrau Anna Gervers11) (vgl. Nr. 494). Die in Inschrift C genannte Ilsabe war die Tochter der in Inschrift A genannten Eheleute Eickhoff. Ludolf Kolditze wurde 1602 in die Wollenwebergilde aufgenommen und kaufte 1604 ein Haus in der Eckemekerstraße. 1638 gehörte er zu dem aus Vertretern der Meinheit, der Ämter und Gilden gebildeten Kollegium der Achtzehnmannen. Aus dem Kirchenbucheintrag über die Eheschließung seiner Tochter Elisabeth ergibt sich, daß er 1660 bereits verstorben war.12)

Textkritischer Apparat

  1. [TEM]PER/ANTA] Statt TEMPERANTIA.
  2. AETIHMET] Statt ARITHMETICA.

Anmerkungen

  1. Die Zuordnung der alten Hausnummern zu diesem Haus ist in den Archivalien nicht eindeutig. Der Türsturz mit Inschrift A wird der Hausnummer no. 1349 zugeordnet (StaHi, Bestand 856, Nr. 50/268/9, Kasten 29), diese Nummer entspricht der neuen Hausnummer Am Stein 8. Sonst wird für das Kolditze-Haus Dammstraße/Kleine Venedig als alte Hausnummer no. 1355 genannt, die den Häusern Kleine Venedig 9/10 entspricht.
  2. Beschreibung nach einer Zeichnung des Architekturstudenten Karl Meyer von 1895 (Aufmaß von 1884) im Roemer-Museum, s. Abb. in Kat. Stadt im Wandel 1, S. 270.
  3. Vgl. Roemer-Museum, Inventarblatt zu Inv. Nr.: H 4043–4048.
  4. Vgl. StaHi, Bestand 856, Nr. 50/268/9, Kasten 29.
  5. StaHi, Bestand 717, Nr. 1–8: Inventar Kampen, Nr. 483.
  6. Inv. Nr.: H 4041. Alter Bestand Andreas-Museum: AM 758.
  7. Inv. Nr.: H 4043–4048; Andreas-Museum AM 266 (Tafel Temperantia). Die Inschriften konnten nicht im Original bearbeitet werden, da die Brüstungstafeln im Magazin nicht vorhanden waren.
  8. Wappen Eickhoff (waagerechter Eichenzweig, mit zwei Eicheln und einem hängenden Blatt). Vgl. StaHi, Bestand 856, Nr. 50/268/9, Kasten 29.
  9. Wappen Kolditze (zunehmender Mond, drei pfahlweise gestellte Sterne umschließend). Vgl. StaHi, Bestand 856, Nr. 50/268/9, Kasten 30.
  10. Joachim Brandis’ Diarium, S. 381.
  11. Vgl. Schlotter, Hildesheimer Familiengeschichten, S. 120f.
  12. Biographische Daten zu Ludolf Kolditze nach Helga Stein: Der silberne Kolditz-Becher des Paul Frendtzel – Eine Neuerwerbung des Roemer-Museums. In: Alt-Hildesheim 57 (1986), S. 83–89, hier S. 87f.

Nachweise

  1. Roemer-Museum: Tuschzeichnung von Karl Meyer.
  2. Roemer-Museum Photo RM 787/7/1988; RM 718/7/1988; RM 728/5/1988; RM 713/1/1988; RM 706/15/1988; RM 723/13/1988.
  3. DBHi, HS 789, fol. 422v–423r (A, C).
  4. Kat. Stadt im Wandel 1, Nr. 208, S. 270 (C, D) mit Abb.
  5. Slg. Rieckenberg, S. 1035 (D–F).

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 468 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0046809.