Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 365 Roemer-Museum 1550

Beschreibung

Porträt Martin Luthers.1) Kupfer, vergoldet. Die Kupferplatte mit dem punzierten Bildnis des Reformators gehört zu einer Reihe von drei gleichartigen Bildern. Die beiden anderen zeigen Johann Friedrich den Großmütigen, Herzog von Sachsen (Nr. 381), und Kaiser Karl V. (Nr. 384). Die drei Kupferbilder stammen wahrscheinlich aus dem Rathaus, 1824 wurden sie im Stadtarchiv aufbewahrt.2) Martin Luther ist als Halbfigur mit Buch abgebildet, bekleidet mit einer pelzbesetzten Schaube. Über seinem Kopf in zwei Zeilen Inschrift A. Links neben seinem Kopf im Wappenschild das Agnus Dei mit Kreuz, darunter Inschrift B. Rechts neben dem Kopf Luthers sein Wappen. Unterhalb des Brustbildes Inschrift C. Die Inschriften sind punziert, in C sind die u mit diakritischen Zeichen versehen, außerdem ist die Inschrift interpungiert.

Maße: H.: 17,5 cm; B.: 13,5 cm; Bu.: 0,2 cm (A), 0,15 cm (B, C).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (A, B), Fraktur (C).

Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim [1/1]

  1. A

    PESTIS ERAM VIVVS / MORIENS ERO MORS TVA PAPA3)

  2. B

    1550 / I(OBST) K(AMERER)

  3. C

    Nach Christi vnßers Lieben HERRN, geburt / 1546 ihar den 18 des Hornungs,4) ist der heylige doc=/tor Martinus Luther, eyn Prophet des Deutschen / Landes, als er 63 ihar alt gewest · zu Eißleben / in Gott verscheiden

Übersetzung:

Als Lebender war ich deine Pest [d. h. Krankheit], als Sterbender [d. h. als Toter] werde ich dein Tod sein, Papst. (A)

Versmaß: Hexameter (A).

Wappen:
Martin Luther5)

Kommentar

Inschrift A ist häufig als Beischrift zu Luther-Bildern verwendet worden.6) Der Text geht auf eine Äußerung des Reformators in den Tischreden zurück: Mein epitaphium sol war bleyben: Pestis eram vivens, moriens ero mors tua papa7). Ein verlorenes Luther-Bild von 1549 aus dem Rathaus in Jena zeigte offenbar dieselbe Bild-Text-Komposition wie die Hildesheimer Kupferplatte.8) Dort waren auch das Agnus Dei und das Lutherwappen angebracht sowie die Inschriften A und C in nahezu identischem Wortlaut. Lediglich das Datum und die Initialen (B) differieren. In der Marktkirche St. Gertrud und St. Marien in Halle/Saale ist das „Lutherepitaph“ als Umschrift eines Luther-Porträts ausgeführt,9) links neben dem Kopf des Reformators stehen wie in der Inschrift B die Initialen IK, allerdings mit der Jahreszahl 1553.

Die Initialen IK deuten auf den in Halle/Saale ansässigen Goldschmied Jobst Kamerer (Camerer), von dem bekannt ist, daß er gepunzte Bildnisse berühmter Männer ohne Auftrag an den Rat verschiedener Städte sandte mit der Bitte um Vergütung seiner Arbeiten. Vom Rat der Stadt Nürnberg beispielsweise erhielt Kamerer für ein solches „Kunststück“, welches das Stadtwappen zeigte, 15 Taler. Auf diese Weise haben sich in verschiedenen Städten geringfügig voneinander abweichende Ausführungen dieser Porträts erhalten.10)

Anmerkungen

  1. Inv. Nr.: 1612.
  2. Vgl. Jens-Uwe Brinkmann: Ein Luther-Bildnis des Goldschmieds Jobst Camerer aus Halle/Saale. In: Festschrift für Wolfgang König. Zugleich: Aachener Kunstblätter 41 (1971), S. 236–242; DBHi, HS 269, S. 73.
  3. D. Martin Luthers Werke. Tischreden 3, Weimar 1914, Nr. 3543A, S. 387–390, hier S. 390.
  4. ‚Februar‘.
  5. Wappen Martin Luther (Rose, belegt mit einem Herz, das mit einem Kreuz belegt ist).
  6. DI 1 (Badischer Main- und Taubergrund), Nr. 508; DI 19 (Stadt Göttingen), Nr. 131 mit detaillierten Quellennachweisen; DI 33 (Stadt Jena), Nr. 63 u. 87 mit weiteren Parallelbeispielen; DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 685.
  7. Wie Anm. 3.
  8. DI 33 (Stadt Jena), Nr. 63. Inschrift C lautet dort: Nach Christi Geburt M.D.XLVI. am 18. Tage des Hornungs ist der seelige Doctor Martin Luther, ein Prophet des Teutschen Landes, als er LXIII. Jahr alt gewesen, zu Eißleben in GOtt verschieden.
  9. Für den Hinweis auf diese Parallele danke ich Herrn Dr. Harald Drös, Inschriftenkommission Heidelberg.
  10. Einzelne Nachweise weiterer Porträts s. Jens-Uwe Brinkmann: „Der Gerechte mvs vil leiden ...“. In: Hildesheimer Heimatkalender 1975, S. 83–94, hier S. 89.

Nachweise

  1. DBHi, HS 269, S. 73.
  2. Jens-Uwe Brinkmann: „Der Gerechte mvs vil leiden ...“. In: Hildesheimer Heimatkalender 1975, S. 83–94, hier S. 83 mit Abb.
  3. Hildesheimer Zeitzeugen, S. 14 (mit weiterer Literatur).

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 365 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0036503.