Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 363† Im Sack 1550

Beschreibung

Haus.1) Marienroder Klosterhof. Fachwerk. Die Inschrift befand sich an einem zweigeschossigen traufenständigen Haus im Inneren des Hofes auf dem Schwellbalken des ersten Obergeschosses. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Inschrift nach Koch.

  1. Cum sol quingentos et mille revolverat orbes Et quinquagesiesa) protulit ecce caput Jodocus fecit quob) condere dominus abbas Attate comis compatiens miseris

Übersetzung:

Als die Sonne fünfhundert und tausend Umläufe vollendet hatte und gerade wieder zum fünfzigsten Mal den Kopf vorstreckte, veranlaßte Herr Abt Jodokus [dies] zu gründen, ein wahrhaft gütiger und der Armen sich erbarmender Mann.

Versmaß: Zwei elegische Distichen, das zweite im Hexameter prosodisch fehlerhaft.

Kommentar

Der in der Inschrift Jodocus genannte Abt ist mit Jobst Henne zu identifizieren, der dem Kloster in den Jahren 1516 bis 1558 vorstand.2) Er wohnte während seiner Amtszeit häufig im städtischen Hof des Klosters und starb dort im Jahr 1558. Die im letzten Vers angesprochene Armenfürsorge, deren Erwähnung den textlichen Rahmen einer bloßen Bauinschrift verläßt, erlaubt die Vermutung, daß dieses Haus der im Rahmen der Klosterregel vorgesehenen Armenpflege gedient hat. Ein Spital im engeren Sinn unterhielten die Zisterzienser in ihrem Klosterhof entgegen der Darstellung Zellers3) aber wohl nicht. Eine curia ... in Sacco sita ist als Klostereigentum bereits im Jahr 1308 genannt.4)

Textkritischer Apparat

  1. quinquagesies] quinquagenus Koch.
  2. quo] Wohl in quod oder hoc zu emendieren.

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Otto Koch: Zur Geschichte und Baugeschichte des alten Marienroder Klosterhofes. In: Alt-Hildesheim 18 (1939), S. 39–43, hier S. 40.
  2. Vgl. Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, bearbeitet von Ulrich Faust (OSB). München 1994 (Germania Benedictina XII), S. 430.
  3. Zeller in Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 102f. Die Bezeichnung des Marienroder Klosterhofes als Hospital beruht wahrscheinlich auf einer Verwechslung mit dem als städtisches Hospital dienenden benachbarten „Resenhaus“, vgl. Koch (wie Anm. 1), S. 41.
  4. Wie Anm. 2, S. 395.

Nachweise

  1. Otto Koch: Zur Geschichte und Baugeschichte des alten Marienroder Klosterhofes. In: Alt-Hildesheim 18 (1939), S. 40.
  2. Slg. Rieckenberg, S. 794.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 363† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0036309.