Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 323(†) Pfaffenstieg 10 (no. 1301) / heute verschiedene Standorte 1534

Beschreibung

Haus. Kurie Steinberg. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Inschrift A befand sich nach Zeppenfeldt in der südlichen Mauer des Hofes über einem Fenster neben einem Totenkopf. Sie war wohl schon um 1800 nicht mehr erhalten.1) Vor dem Eingang, der zum Vorhof des Gebäudes führte,2) befand sich ein Wappenstein mit einem zentralen, von zwei Engeln gehaltenen Vollwappen und einer umgebenden vierteiligen Ahnenprobe. Der Stein ist erhalten und befand sich zum Zeitpunkt der Aufnahme (Sommer 1993) in der Schulhofmauer des Gymnasium Andreanum. Von dort wurde er in den Steinekeller des Roemer-Museums gebracht.3) Die auf dem Stein befindliche Inschrift B ist in zwei Zeilen erhaben vor vertieftem Hintergrund ausgeführt, die letzten fünf Buchstaben stehen unter der Zeile. Der Stein trägt oben rechts auf dem Rahmen einen Renovierungsvermerk.4) Der zweite, bis auf die Inschrift identisch ausgeführte Wappenstein (C) befand sich nach Kratz in der westlichen Mauer der Kurie. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war er in die zur Straße gelegene Seite der Mauer am Pfaffenstieg eingelassen.5) Die Randleisten des Steins sind beschädigt. Ein weiterer Wappenstein,6) allerdings nur mit dem einfachen Wappenschild der Familie Steinberg, ist in der zum Alten Markt hin neben dem Kaiserhaus gelegenen Mauer angebracht. Auf diesem Stein ist die Inschrift D oberhalb und unterhalb des Wappens eingehauen und mit schwarzer Farbe ausgefüllt. Möglicherweise stammen noch zwei weitere Steine mit Inschriften, die heute in der Mauer neben dem Kaiserhaus angebracht sind, von der Kurie Steinberg.7) Das heute verlorene Baudatum (E) befand sich an der Wand zwischen dem katholischen Waisenhaus und der Kurie. Zeller überliefert noch eine jüngere Inschrift von dieser Kurie.8)

Inschrift A nach Buhlers; Inschrift D ergänzt nach DBHi, HS C 24; Inschrift E nach DBHi, HS C 24.

Maße: H.: 100 cm; B.: 77 cm; Bu.: 4,5 cm (B, C). H.: 60 cm; B.: 98 cm; Bu.: 6,5 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis (B, C), gotische Minuskel (D).

Christine Wulf [1/2]

  1. A †

    Mors ultima linea rerum9) Nosce te ipsum10)

  2. B

    CVNCTI DIES HOMINIS DOLORIBVS ET ERVMNIS / PLENI SVNT NEC PER NOCTEM MENTE REQVI/ESCIT11)

  3. C

    1534 · SVPERANDA OMNIS / FORTVNA · FERENDO · ES[T]12)

  4. D

    [ANNO] 1534 / Qoda) tibi no(n) vis fierib) alteri ne fecerisc) 13)

  5. E †

    An(n)o d(omi)ni 1534

Übersetzung:

Der Tod ist die letzte Grenze der [irdischen] Dinge. Erkenne dich selbst. (A)

Alle Tage des Menschen sind voll von Schmerzen und Mühsal, auch in der Nacht ruht er innerlich nicht aus. (B)

Jedes Geschick ist durch Erdulden zu überwinden. (C)

Was du nicht willst, daß es dir geschieht, das tu auch keinem anderen. (D)

Wappen:
Steinberg*
Steinberg*, Oberg*
Alten II?14), Steinberg*
Steinberg*

Kommentar

Die Kurie wurde im Jahr 1534 von dem Kanoniker Jobst von Steinberg erbaut, der 1536 starb und in der Antoniuskirche beigesetzt wurde. In den Jahren 1529 und 1530 nahm er als Vertreter des Hochstifts an den Reichstagen in Speyer und Augsburg teil.15)

Textkritischer Apparat

  1. Qod] Statt Qvod. So HS C 24.
  2. fieri] Buchstaben heute nur noch aufgemalt.
  3. feceris] is über der Zeile.

Anmerkungen

  1. DBHi, HS 269, S. 231.
  2. Lokalisierung der Inschriften nach DBHi, HS C 24, S. 109; später befanden sich die Steine mit den Inschriften B und C an der Innenseite der Hofmauer, vgl. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 165.
  3. StaHi, Bestand 717, Nr. 1–8: Inventar Kampen, Nr. 481. Ein Gipsabguß der Inschrift befindet sich im Roemer-Museum (ohne Inv. Nr.).
  4. ERNEVERT 1906.
  5. StaHi, Bestand 717, Nr. 1–8: Inventar Kampen, Nr. 653.
  6. StaHi, Bestand 717, Nr. 1–8: Inventar Kampen, Nr. 325.
  7. StaHi, Bestand 717, Nr. 1–8: Inventar Kampen, Nr. 326: Stein 1: ReC[Te FACI]/eNDO NeMINeM / TIMeO ‚Wenn ich recht tue, muß ich niemanden fürchten‘. – Stein 2: Wappen ? (Balken, oben begleitet von zwei Herzen, unten zerstört). Unterhalb des Wappens die Initialen H W.
  8. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 165: LEOPOLD · L(IBER) · B(ARO) · DE ET · IN · WEICHS · CAN(ONICVS) · CAP(ITVLI) · CATH(EDRALIS) · HILD(ESIENSIS) A(NNO) D(OMINI) 1743 ‚Leopold, Freiherr von und zu Weichs, Kanoniker des Hildesheimer Domkapitels im Jahr des Herrn 1743‘.
  9. Vgl. Walther, Proverbia 2, Nr. 15213. Quelle: Horaz, Epistulae I,16 v. 79.
  10. Vgl. Walther, Proverbia 3, Nr. 18810. Quelle: Cicero, Tusculanae Disputationes I, 22,52.
  11. Nach Ecl. 2,23: Cuncti dies eius ... .
  12. Vgl. Walther, Proverbia 5, Nr. 30858b. Quelle: Vergil, Aeneis V, 710.
  13. Vgl. Walther, Proverbia 4, Nr. 26081; s. a. Tb. 4,16.
  14. Wappen Alten II? (schräge Reihe von 7 oder 6 mit Blüten belegten anstoßenden Rauten). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 3 u. Tafel 1: schräge Reihe von sieben anstoßenden Rauten.
  15. DBHi, HS 269, S. 231f., s. a. Behrens, Herren von Steinberg, S. 44.

Nachweise

  1. DBHi, HS 269, S. 231 (A–C).
  2. Buhlers, Zerstörte Hildesheimer Haussprüche, S. 227 (A).
  3. DBHi, HS C 24, S. 109 (B–E).
  4. Buhlers, Hildesheimer Haussprüche, S. 24 (B).
  5. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 165 (B, C).
  6. Slg. Rieckenberg, S. 746, zwei Photos.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 323(†) (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0032305.