Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 303† Dom und/oder Oberg ev. Pfarrkirche 1522 o. E. 16. Jh.

Beschreibung

Gedenktafel für Burchard von Oberg und/oder Totenschild für Burchard von Oberg. Bertram überliefert die Inschrift einer zu seiner Zeit bereits verlorenen Gedenktafel für Burchard von Oberg, die ursprünglich unter der kleinen Orgel im nördlichen Querschiff des Doms und seit 1734 in der Kapelle der Heiligen Drei Könige angebracht war.1) Als Beschreibung gibt er lediglich an, daß sich über der Inschrift das Wappen des Verstorbenen befand. Detlev Hellfaier hat diese Gedenktafel mit dem heute in der evangelischen Pfarrkirche in Oberg (Ldkr. Peine) aufgehängten Totenschild für Burchard von Oberg identifiziert,2) den bereits Mithoff3) und Bertram erwähnt haben, aber nicht mit der verlorenen Gedenktafel aus dem Hildesheimer Dom gleichsetzten. Wenn der Totenschild tatsächlich mit der Gedenktafel aus dem Dom identisch ist, was nach Hellfaiers Untersuchungen einigermaßen wahrscheinlich ist, wäre die Tafel vor der Mitte des 19. Jahrhunderts, spätestens aber 1875, als Mithoff den Totenschild in Oberg aufgenommen hat, in die dortige Pfarrkirche gekommen.4) Der Totenschild wurde im Jahr 1979 restauriert und hängt seitdem an der Ostwand des Chors neben dem Kanzelaltar. In der Mitte das Vollwappen der Familie von Oberg, die Inschrift umlaufend. Wappen und Inschrift sind in Tempera auf Holz gemalt. 5) Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird die Inschrift zunächst nach der kopialen Überlieferung Bertrams und dann nach der Abbildung bei Hellfaier wiedergegeben.

Inschrift nach Bertram, Bischöfe.

  1. Anno Dusent vyffhundert twe und twintiga) jar an sunte Dionysi Dage6) geschach openbar Ein Storm vor Seesen was groet Da Borchardb) von Oberg in Marien denste ist geschoten doet7)

Inschrift nach Abb. bei Hellfaier.

Maße: D.: 86 cm.

Schriftart(en): Fraktur, Dionisi(us) und Marien in humanistischer Minuskel mit Versalien.

  1. A(nn)o · 1522c) · Jn Sinte DioniSi(us) dage · schod) openbahr ein storm vor sesen · wasz groht · da Borchert von Obergen · in Marien deinste is geschoten doht.

 
Wappen
Oberg

Die Inschrift entspricht in ihren Formulierungen dem Grabgedicht für den 1521 bei der Verteidigung der Burg Steinbrück gefallenen Hans Barner (vgl. Nr. 300). Burchard von Oberg fiel bei dem von Bischof Johannes IV. im Rahmen der Hildesheimer Stiftsfehde im Oktober 1522 veranlaßten Sturm auf die Stadt Seesen.8)

Die ältere kopiale Überlieferung gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Inschrift der Gedenktafel im Dom deutlich nach dem Todesjahr des Burchard von Oberg angefertigt worden ist. Die Schrift und die Ausführung des Wappens auf dem in Oberg erhaltenen Totenschild sprechen aber dafür, daß der Totenschild und damit die Inschrift erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden sind.9) Hellfaier nimmt an, daß Bischof Burchard von Oberg (1557–1573), ein Neffe des vor Seesen zu Tode Gekommenen, die Anfertigung des Totenschildes und dessen Anbringung im Dom verlaßt hat.

Textkritischer Apparat

  1. Dusent vyffhundert twe und twintig] 1522 Oeynhausen, HS 114b, HS 271.
  2. Borchard] Bothmer HS 114b, HS 271.
  3. 1522] Hellfaier ergänzt danach jahr aus Gründen des Reims.
  4. scho] Fehlerhafte Restaurierung anstelle von scha, vgl. Hellfaier (wie Anm. 2), S. 19, Anm. 19.

Anmerkungen

  1. Vgl. Bertram, Bischöfe, S. 117.
  2. Detlev Hellfaier: Der Totenschild Burchards V. von Oberg († 1522). Ein Beitrag zur Geschichte der Hildesheimer Stiftsfehde und zur Heraldik des 16. Jahrhunderts. In: Diözese 48 (1980), S. 9–20.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 207.
  4. Hellfaier (wie Anm. 2), S. 15.
  5. Ebd., S. 11f.
  6. 9. Oktober.
  7. ‚Im Jahr fünfhundert zweiundzwanzig am St. Dionysiustag geschah offenbar: der Kampf vor Seesen war groß, als Burchard von Oberg in Diensten Marias erschossen wurde.’
  8. Vgl. Bertram, Bischöfe, S. 114; s. a. Henning Brandis’ Diarium, S. 243.
  9. Hellfaier (wie Anm. 2), S. 16.

Nachweise

  1. Bertram, Bischöfe, S. 117.
  2. DBHi, HS 114b, fol. 61v.
  3. DBHi, HS 271, fol. 13r.
  4. Oeynhausen, S. 325, Nr. 116.
  5. Slg. Rieckenberg, S. 733.
  6. Detlev Hellfaier: Der Totenschild Burchards V. von Oberg († 1522). Ein Beitrag zur Geschichte der Hildesheimer Stiftsfehde und zur Heraldik des 16. Jahrhunderts. In: Diözese 48 (1980), S. 9–20, hier S. 11 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 303† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0030303.