Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 277 St. Elisabeth um 1510

Beschreibung

Skulptur der Madonna auf der Mondsichel. Holz, farbig gefaßt. Der ursprüngliche Standort ist unbekannt.1) Stehende Figur der Gottesmutter mit Kind auf dem linken Arm; Krone und Zepter in der Rechten weisen sie als Himmelskönigin aus. Die in Konturschrift glatt vor punziertem Hintergrund ausgeführten Inschriften befinden sich auf dem Saum des Untergewandes (A) und des Obergewandes (B). Inschrift B beginnt oben auf dem von der linken Schulter herabfallenden Saum, von der rechten Schulter fällt ein Saumabschnitt mit dem letzten Teil der Inschrift. In beiden Inschriften Blüten als Worttrenner.

Maße: H.: 131 cm; Bu.: 5,5 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Christine Wulf [1/3]

  1. A

    AVE ·

  2. B

    REGINTa) // CELI · LETARE · ALLELVIA // QVIA · QVEM · MERVISTb) · POTAREc) · // RESVRE(XIT) · SIEVTd) · // AL // ALI[.]e)2)

Übersetzung:

Sei gegrüßt. (A) Himmelskönigin, freue dich, Halleluja, weil der, den du zu tragen würdig warst, auferstanden ist, so wie [er sagte]. Halleluja. (B)

Versmaß: Hymnenverse (B).

Kommentar

Die Inschrift ist in einer manierierten frühhumanistischen Kapitalis ausgeführt und hat den für Gewandsauminschriften typischen ornamentalen Charakter. Hervorzuheben ist epsilonförmiges E, I mit Nodus, ein oben offenes P, retrogrades N und Q mit nach links gewendeter Cauda. Die Schriftcharakteristika stellen die Inschrift in einen zeitlichen Zusammenhang mit den um 1510 entstandenen Figuren des Epiphanius-Meisters (vgl. Nr. 273, Nr. 275).

Textkritischer Apparat

  1. REGINT] Statt REGINA.
  2. MERVIST] Statt MERVISTI.
  3. POTARE] Statt PORTARE. Es folgt ein Ornament.
  4. SIEVT] Statt SICVT. Zum epsilonförmigen E anstelle von C in der frühhumanistischen Kapitalis vgl. DI 28 (Hameln), Nr. 60.
  5. ALI[.]] Lesung unsicher, wahrscheinlich ist ALLELVIA zu ergänzen.

Anmerkungen

  1. Nach Auskunft von Herrn Dr. Michael Brandt, Hildesheim, spricht vieles dafür, daß die Figur aus der ehemals auf dem Gebiet der Elisabeth-Gemeinde gelegenen Katharinenkapelle stammt. Bis ins 19. Jahrhundert befand sie sich in der Heilig-Kreuz-Kirche und wurde von dort an die im Jahr 1907 geweihte Kirche St. Elisabeth gegeben.
  2. Vgl. Corpus antiphonalium officii, Bd. 3, Nr. 4597: Regina celi laetare alleluia / quia quem meruisti portare alleluia / resurrexit sicut dixit alleluia / ora pro nobis deum alleluia. Die Marianische Antiphon eines unbekannten Verfassers ist seit ca. 1200 überliefert und im Officium monasticum für den Abschluß der Tageshoren bestimmt, vgl. Marienlexikon 5, 1993, S. 435–437.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 277 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0027708.