Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 275 Bischofshaus um 1510

Beschreibung

Standfigur des heiligen Epiphanius. Lindenholz, farbig gefaßt. Die Figur gehörte vermutlich zu einem Altar, ihr ursprünglicher Standort ist nicht bekannt.1) Im 19. Jahrhundert gehörte sie zur Sammlung des Bischofs Eduard Jakob Wedekin (1796–1870).2) Der Heilige ist im Bischofsornat dargestellt, in der Linken hält er ein Buch, in der Rechten den Bischofsstab (jüngere Zutat). Die farbige Fassung ist erneuert. Die Inschrift befindet sich auf dem Gewandsaum, sie beginnt am rückwärtigen Saum. Die Buchstaben stehen zwischen zwei Linien, sind konturiert ausgeführt und heben sich glatt vor dem gepunzten Hintergrund ab. Worttrenner als große Fensterrauten mit perlförmig verdickten Enden.

Maße: H.: 121 cm; Bu.: 4–5,5 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

  1. · KONFERSOa) · SANCTVS · EBEFANIVS · EPISKVPIb) · ORA PRO NOBIS ·

Übersetzung:

Bekenner, heiliger Epiphanius, Bischof, bitte für uns.

Kommentar

In EBEFANIVS ist F in der Form eines kapitalen E mit verkürztem unteren Balken ausgeführt.3)

Die Figur wird namengebend dem Epiphanius-Meister zugeschrieben, dessen Werke nach Stuttmann/von der Osten in der Zeit von 1490 bis 1510 entstanden sind.4) Zu dieser Werkgruppe wird u. a. auch der Marienaltar in St. Alexandri in Einbeck gerechnet.5) Die auf diesem Altar in den Nimben der Figuren und auf dem Gewandsaum des Erasmus angebrachten Inschriften sind zwar ebenfalls in frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt, sie unterscheiden sich aber in der Gestaltung der einzelnen Buchstaben deutlich von der Gewandsauminschrift der Hildesheimer Epiphaniusfigur, da die Anbringung der Inschriften nicht den Holzbildhauern, sondern den Faßmalern oblag und zwischen diesen beiden verschiedenen Handwerken kein Werkstattzusammenhang bestanden haben muß.

Textkritischer Apparat

  1. KONFERSO] Lesung unsicher; Konl(?)Ebso Kat. Schatzkammer. Wahrscheinlich statt KONFESSOR ‚Bekenner‘.
  2. EPISKVPI] Statt EPISKOPVS.

Anmerkungen

  1. Stuttmann/von der Osten (Niedersächsische Bildschnitzerei, S. 31f.) erwägen, daß die Figur möglicherweise vom Hochaltar in St. Godehard stammt.
  2. Vgl. Kat. Schatzkammer auf Zeit, S. 88f.
  3. Die Form ist wahrscheinlich aus einer speziellen Gestaltung des F in gotischen Majuskel-Schriften abgeleitet, vgl. DI 54 (Mergentheim), S. LIII
  4. Zur Diskussion der Meisterfrage vgl. Kat. Schatzkammer auf Zeit, S. 88f.; Stuttmann/von der Osten, Niedersächsische Bildschnitzerei, S. 27.
  5. DI 42 (Einbeck), Nr. 34 mit Abb. 17.

Nachweise

  1. Stuttmann/von der Osten, Niedersächsische Bildschnitzerei, S. 31 (nur A), Abb. Tafel 20.
  2. Kat. Schatzkammer auf Zeit, S. 88, Abb. S. 89.
  3. Slg. Rieckenberg, S. 700.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 275 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0027504.