Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 265† St. Martini 1503

Beschreibung

Glocke. Sie stammte aus dem vor dem Dammtor gelegenen Johannisstift. Seit 1547 hing sie zusammen mit der Glocke „Anna“ (Nr. 291) in der St. Martini-Kirche. Im Jahr 1857 wurde sie zerschlagen. Auf dem Glockenmantel befand sich auf der einen Seite ein Bild Johannes des Täufers, auf der anderen Seite ein Bild des Evangelisten Johannes. Nach paranimphum eine Blüte als Worttrenner, sonst einfache, doppelte und dreifache Punkte.1)

Inschrift nach DBHi, HS C 1109 (Zeichnung).

Maße: Dm.: 111 cm.2)

  1. Inclita · maria · voca · plebem · simphonia · laudando · cristum · te · preconem · paranimphum3) · hermen · coster · me · fecit · anno · domini · m · d · iiia)

Übersetzung:

Ruhmreiche Maria, ruf das Volk mit deinem melodischen Klang, und indem du Christus lobst, dich selbst [d. h. die Jungfrau Maria, die durch die gleichnamige Glocke spricht], den Verkünder Jesu [= Johannes der Täufer] und Christi Brautführer [= Johannes der Evangelist]. Hermann Koster hat mich im Jahr des Herrn 1503 gemacht.

Versmaß: Inclita .... paranimphum bildet zwei einsilbig gereimte leoninische Hexameter, der erste prosodisch fehlerhaft.

Kommentar

Der in der Inschrift genannte Meister Hermann (Harmen) Koster ist von 1494 bis 1520 in Hildesheim nachweisbar. Er goß in der Stadt und auch in der Umgebung zahlreiche Glocken und Geschütze (Nr. 281, 291, 292, 295).4)

Textkritischer Apparat

  1. m · d · iii] m. dc. m. Kratz, Domglocken; m dc iii Mithoff. Die beiden Überlieferungen lassen die Vermutung zu, daß der originale Befund m vc iii lautete, vgl. die Jahreszahl auf dem von Hermann Koster gegossenen Geschütz Nr. 295.

Anmerkungen

  1. Zu Beschreibung und Geschichte der Glocke vgl. Kratz, Domglocken, S. 372f., Anm. 3; DBHi, HS C 1109, S. 18.
  2. Kratz, Domglocken, S. 372: 3 Fuß, 9 ½ Zoll.
  3. Bei der mystischen Hochzeit Christi mit der minnenden Seele treten als paranymphi sponsi et sponsae (‚Brautzeugen des Bräutigams und der Braut‘) neben den Propheten, Königen und Patriarchen auch Apostel, Märtyrer, Bischöfe und Bekenner auf, vgl. LCI 1, Sp. 318–324, s. v. ‚Bräutigam und Braut‘, hier Sp. 323.
  4. Eine Liste seiner Werke bei Mithoff, Künstler, S. 192; näheres zur Biographie des Hermann (Harmen) Koster siehe Thieme/Becker 21, S. 190f.

Nachweise

  1. DBHi, HS C 1109, S. 18 (Zeichnung).
  2. DBHi, HS 114b, fol. 65v.
  3. DBHi, HS 116, S. 141.
  4. Lauenstein, Kirchen- und Reformationshistorie 6, S. 6.
  5. Kratz, Domglocken, S. 373, Anm. 3.
  6. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 154.
  7. Slg. Rieckenberg, S. 689.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 265† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0026508.