Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 220† Burgstr. 4 (no. 1453) 1499

Beschreibung

Haus.1) Kurie Kramer. Fachwerk. Das drei Geschosse hohe und sieben Gefache breite Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die erhaben ausgeführte Inschrift befand sich auf dem Schwellbalken des ersten Obergeschosses. Die Inschrift war durch vier Wappen unterbrochen.

Inschrift nach Photo Slg. Rieckenberg.

Maße: Bu.: ca. 13 cm.2)

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. Bartold(us) · ep(iscopu)sa)b) hilden(semensis) · An(n)o · d(omi)ni · M · cccc · xcixc) · kal(endi)s · aprilis3) · Egerd(us) · ep(iscopu)sa) · Slesvicen(sis) · hasce · edes · are · rectord) · diue · catherine · hinricus · cramer · co(n)didit · ere · suo · Theode(r)ic(us) · altena) · hi(nri)c(us) · cramer .a)

Übersetzung:

Als Barthold Bischof von Hildesheim war, im Jahr des Herrn 1499 an den Kalenden des April, als Eggert, Bischof von Schleswig war, baute der Rektor des Altars der heiligen Katharina, Heinrich Kramer, dieses Gebäude von eigenem Geld. Dietrich Alten. Heinrich Kramer.

Versmaß: Elegisches Distichon (hasce ... suo).

Wappen:
?4), Bischof Eggert von Schleswig5), Alten I*, Kramer I6)

Kommentar

Die Charakteristika der Schrift, insbesondere das aus zwei in der Höhe versetzten Bögen zusammengesetzte s, sowie die gleichartige Einfügung von Wappen in den Text der Inschrift deuten darauf hin, daß sie von demselben Meister stammt wie die Inschrift an der Kurie des Heinrich vom Berge (Nr. 219).

Die einzelnen, syntaktisch unverbundenen Teile der Inschrift lassen sich vielleicht mit der Anlehnung an in Urkunden gebräuchliches Formular erklären. Von Bartoldus bis Slevicen(sis) ist eine dreifache Datierung in Prosa gegeben, dann folgt die eigentliche Bauinschrift, am Schluß sind zwei Zeugen genannt.

Barthold von Landesberg war von 1470 bis 1481 Bischof von Verden und von 1481 bis 1502 Bischof von Hildesheim und Administrator des Bistums Verden.7) Bischof Eggert von Schleswig stammt wahrscheinlich aus der in Hildesheim ansässigen Familie Dürkop. Sofern diese Familienzuordnung zutrifft, kann auf ihn der Eintrag in der Leipziger Matrikel von 1455 Eghurd Durekop de Hildensem bezogen werden.8) Er hat sein Studium mit dem Grad des doctor decretorum abgeschlossen. 1487 vertrat er die Stadt Hildesheim an der Kurie in einem Prozeß um das Schloß Lutter am Barenberge. Er war Prokurator, später Auditor an der römischen Rota.9) Von 1481 bis 1489 ist er als Hildesheimer Domherr bezeugt.10) Anschließend bekleidete er bis zu seinem Tod im Jahr 1499 das Amt des Bischofs von Schleswig.11) Heinrich Kramer ist seit 1499 als Domvikar nachzuweisen,12) von 1512 bis 1516 hat er vor der römischen Rota einen Prozeß um eine Vikarie an Heilig Kreuz geführt.13) Zu Dietrich von Alten vgl. Nr. 217.

Textkritischer Apparat

  1. Nach dem Wort folgte ein Wappen.
  2. ep(iscopu)s] epc.
  3. M · cccc · xcix] M. CCCC. XIIX. Sonntagsblatt.
  4. are · rector] ? erector Sonntagsblatt.

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 169.
  2. Ermittlung der Buchstabenhöhe aufgrund der maßstabsgerechten Zeichnung ebd.
  3. 1. April.
  4. Zuordnung des Wappens unsicher, Wappeninhalte nicht mehr erkennbar.
  5. Wappen Bischof Eggert von Schleswig (quadriert, 1 u. 4 gekreuzte Schlüssel, 2 u. 3 zwei Rosen nebeneinander).
  6. Wappen Kramer I (Balken, oben begleitet von zwei, unten von einem Stern).
  7. Vgl. Gatz, Bischöfe, S. 405f.
  8. Matrikel Leipzig, Bd. 1, S. 193.
  9. Hilling, Rota, S. 29 u. S. 50.
  10. Lamay, Domkapitel, S. 58. Er war außerdem Dompropst in Minden, Thesaurar in Lübeck und Archidiakon in Borsum.
  11. Näheres zu seiner Biographie s. Gatz, Bischöfe, S. 139.
  12. UB Stadt 8, Nr. 379.
  13. Vgl. Hilling, Rota, S. 122, Nr. 94.

Nachweise

  1. Slg. Rieckenberg, S. 651–653, zwei Photos.
  2. Hildesheimer Sonntagsblatt 1868, S. 229.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 125.
  4. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 170, S. 169 Zeichnung.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 220† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0022009.