Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 194† Scheelenstr. 2 (no. 284) 1481, 1540, 1562, 1615

Beschreibung

Torbau1) des zwischen der Scheelenstraße und der Stadtbefestigung gelegenen ehemaligen Ratsbauhofs. Der neun Gefache breite, zur Scheelenstraße traufenständige Bau bestand aus einem hohen Untergeschoß mit einer großen rundbogigen Durchfahrt, einem Zwischengeschoß und einem vorkragenden Obergeschoß. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Inschrift A befand sich an einem im Hof gelegenen Steinhaus (nach Kratz: dem Ratsstallhof) auf einem Eckquader. Über der Inschrift die Darstellung eines Stadtknechts mit dem alten Wappen der Stadt Hildesheim. Die in drei Zeilen eingehauene Inschrift B war an der Vorderfront auf dem Schwellbalken des Obergeschosses innerhalb eines überwiegend mit grotesken Tiergestalten verzierten Frieses angebracht. Rechts neben dem als eingerolltes Schriftband stilisierten Inschriftenfeld ein Pelikan, der seine Jungen mit dem Blut aus seiner Brustwunde nährt. Oberhalb dieses Frieses ein zweiter Fries mit Halbrosetten, in deren Innenhalbkreisen und Zwickeln ebenfalls Grotesken. Inschrift C war nach Buhlers über einer im Inneren des Hofes befindlichen Tür aus dem Jahr 1562 angebracht. Dieser Teil des Hauses wurde bereits im Jahr 1867 durch einen Brand vernichtet. Inschrift D befand sich nach Angaben des Hildesheimer Sonntagsblattes über einer Seitenpforte.2) Über dem Hauptportal war in den Zwickeln zweimal das im Jahr 1528 erneuerte Wappen der Stadt Hildesheim angebracht. Von den Füllbrettern werden in der Überlieferung noch einzelne weitere Inschriften zitiert, die möglicherweise ältere erneuern, wahrscheinlich aber erst in jüngerer Zeit angebracht worden sind.3)

Inschrift A nach DBHi, HS C 761, B nach Photo Slg. Rieckenberg, C nach Buhlers, D nach Hildesheimer Sonntagsblatt.

Schriftart(en): Gotische Minuskel4) (A), Kapitalis (B).

  1. A

    m° cccc l x°x°x°i° i(n) vig(i)l(i)a b(ar)tolomei5)

  2. B

    ANNO D(O)M(INI) / M D XL / SOLI DEO GLORIA

  3. C

    Soli Deo Gloria

  4. D

    Anno 1615 am 16ten Marcii

Übersetzung:

1481 am Tag [vor dem Fest] des Bartholomäus. (A) Im Jahr des Herrn 1540. Gott allein die Ehre. (B) Gott allein die Ehre. (C)

Wappen:
Altstadt Hildesheim, alt*Altstadt Hildesheim, neu*

Kommentar

Der Ratsbauhof wird zum ersten Mal im Eid der Zimmermeister im Jahr 1438 erwähnt. Der Bauhof war ein Werkplatz mit Ställen, Schuppen und Werkstätten, an dem sich u. a. auch der städtische Marstall befand.6)

Anmerkungen

  1. Ausführliche Beschreibung mit einer Zeichnung s. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 75–79. Diese Beschreibung liegt dem Folgenden zugrunde. Zur Ornamentik des Torhauses s. a. Kurd Fleige: Die Ornamentik am Torhaus des ehemaligen Ratsbauhofes (1540) in Hildesheim. In: Alt-Hildesheim 62 (1991), S. 81–89.
  2. Hildesheimer Sonntagsblatt 1868, S. 222.
  3. Vgl. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 78: Wer will baven an der Straßen / muß sich durch unütz Geschwätz nicht (irren lassen); Was schadet (es) dem Monde, wenn ihn der Hund anbellt.
  4. Schriftart nach Zeichnung in Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 79.
  5. Der Bartholomäustag ist der 24. August.
  6. Vgl. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 41f., zum Eid der Zimmermeister vgl. UB Stadt 4, S. 227.

Nachweise

  1. DBHi, HS C 761, o. S.
  2. Slg. Rieckenberg, S. 622, ein Photo (Wehmeyer).
  3. Hildesheimer Sonntagsblatt 1868, S. 222.
  4. DBHi, HS 789, fol. 367v (C), fol. 368v (A, D).
  5. Buhlers, Hildesheimer Haussprüche, S. 7 (B, C).
  6. Kd. Hildesheim, Bürgerliche Bauten, S. 77 (B), S. 79 (A, Zeichnung).

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 194† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0019401.