Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 159† St. Michaelis 1448 o. früher

Beschreibung

Grabplatte für den Abt Goderam. Er war vor dem Stephanusaltar begraben. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden Veränderungen an der Grabstelle vorgenommen: Abt Dietrich Brinkmann ließ auf das Grab des Goderam einen Stein mit einer Grabschrift legen, die das Grab vorher nicht hatte. Wahrscheinlich war diese neue Grabschrift als Umschrift ausgeführt.1) Im Jahr 1662 wurde die Grabstelle zerstört.2)

Inschrift nach Chronica S. Michaelis.

  1. Haca) pausant tumba Goderammib) mortua membra Abbas qui primus hic fuit eximius Quem bene nutrivit huc etc) Colonia misit Ut summi regis dux foret ipse gregis Sed Julii fine Deus hunc post iussit abire Cujus nunc animae da requiem Domined)

Übersetzung:

In diesem Grab ruhen die toten Glieder des Goderam, der sich hier als erster Abt auszeichnete. Ihn hat Köln gut ausgebildet und hierher geschickt, damit er ein Führer der Herde des höchsten Königs werde. Aber dann befahl ihm Gott am Ende des Juli zu scheiden. Herr, gib du nun seiner Seele Ruhe.

Versmaß: Drei elegische Distichen, einsilbig – Vers 4 zweisilbig – leoninisch gereimt.

Kommentar

Goderam, Propst von St. Pantaleon in Köln, wurde im Jahr 996 von Bernward als erster Abt in St. Michaelis eingesetzt. Da er im Besitz einer Handschrift von Vitruvs ‚De architectura’ war,3) wird vermutet, daß er Einfluß auf die Bauarbeiten in St. Michaelis genommen hat.4) Er starb am 30. Juni 1030.5) Seine Grabschrift ist aber nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit seinem Tod entstanden, sondern, wie die Chronica S. Michaelis belegen, erst zur Zeit des Abts Dietrich Brinkmann († 1448). Dort heißt es in der kurzen Vita dieses Abts: ponens lapidem super monumentum cum epitaphio quod prius non habuit ‚er legte einen Stein über die Gruft mit einer Grabschrift, die dieser früher nicht hatte‘.6) Rieckenberg hat – offenbar ohne Kenntnis dieser Stelle – die Inschrift aufgrund formaler und inhaltlicher Gesichtspunkte in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts datiert.7)

Textkritischer Apparat

  1. Hac] Fehlt Letzner.
  2. Goderammi] Godmanni Letzner; Goderamni Rieckenberg, so in den meisten Textzeugen. Goderammus ist wohl eine Sondergraphie Meiboms.
  3. et] eum Letzner.
  4. Sed ... Domine] Fehlt Letzner.

Anmerkungen

  1. Vgl. Chronica S. Michaelis, ed. Meibom, S. 517: sepultus est ante altare Stephani in pede altaris, scripti sunt autem circa tumulum ipsius isti versus. Es folgt die Grabschrift.
  2. DBHi, HS C 26b, S. 83. In der Chronik des Jakob Bötticher († 1743) heißt es dazu (DBHi, HS 297, S. 12): sepulchrum hoc terra elevatum in ruinatione nostrae ecclesiae anno 1662 Lutherani aperuerunt soloque aequarunt.
  3. Die Handschrift, die seinen Besitzvermerk trägt, ist erhalten: London, The British Library, Harley MS 2767; s. a. Kat. Bernward 2, S. 530–531.
  4. Rieckenberg in B/R, S. 161.
  5. Vgl. Chronica S. Michaelis, ed. Meibom, S. 517.
  6. Ebd., S. 523.
  7. Rieckenberg in B/R, S. 161.

Nachweise

  1. Chronica S. Michaelis, ed. Meibom, S. 518.
  2. Letzner, Hildesheimische Chronik, 2. Buch, 8. Kapitel, S. 319.
  3. DBHi, HS 141b, S. 183.
  4. DBHi, HS 297, S. 12.
  5. DBHi, HS C 26b, S. 83.
  6. Rieckenberg in B/R, Nr. 30, S. 161.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 159† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0015902.