Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 150 Dom 1436

Beschreibung

Grabplatte für Schonetta von Nassau. Sandstein. Die hochrechteckige Platte bedeckte ursprünglich ihr Grab in der Dreikönigskapelle des Doms. Im Jahr 1723 wurde die Platte auf Beschluß des Domkapitels vom Boden an die westliche Wand der Kapelle versetzt.1) Heute in der Wand des nördlichen Kreuzgangflügels. Photos aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zeigen die Platte unter einer großen barocken Bekrönung in Form eines Wappenmantels mit Fürstenkrone. In dem von dem Mantel begrenzten Feld auf einem ovalen Stein ein neuzeitliches Wappen. Im Innenfeld der Grabplatte die Verstorbene lebensgroß im Halbrelief, unter ihren Füßen ein Löwe. Inschrift A befindet sich an drei Seiten der Platte auf einer nach außen abgeschrägten Leiste. Sie beginnt in der rechten Ecke der oberen Schmalseite und endet an der unteren Schmalseite. Der Schluß ist zerstört. Die rechte Langseite trägt keinen Text. Die Buchstaben der abgeschrägten Inschriftenleiste zeigen nach außen. Links neben der Figur ein Spruchband mit Inschrift B. Die Inschriften sind erhaben ausgeführt, Inschrift A läßt Reste einer grünen Farbfassung erkennen.

Inschrift A ergänzt nach Bertram, Bischöfe.

Maße: H.: 199 cm; B.: ca. 100 cm; Bu.: 6,5 cm (A), 4,2–4,4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

Julia Zech [1/2]

  1. A

    anno d(omi)ni m cccc xxxvi · i(n) / die · s(an)c(t)i marci · e[w]angeliste2) · obiit · Schonetta · de · nassauwe · ducissa · Bru(n)/swicce(n)sis · cui(us) · a(n)i(m)a · req(ui)esc[at · in · pace]

  2. B

    · o · fili · dei · mise[rere] · mei

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1436 am Tag des heiligen Evangelisten Markus starb Schonetta von Nassau, Herzogin von Braunschweig. Ihre Seele ruhe in Frieden. (A) O Sohn Gottes, erbarme dich meiner. (B)

Kommentar

Schonetta von Nassau war zunächst mit Heinrich VIII. von Homburg verheiratet. Dieser verkaufte kurz vor seinem Tod im Jahr 1409 die Herrschaft Homburg an Herzog Bernhard zu Braunschweig-Lüneburg. Seiner Ehefrau verschrieb er als Leibzucht die Homburg, Greene, Lüthorst und Hohenbüchen sowie Bodenwerder, Stadtoldendorf und Wallensen. Fünf Jahre nach dem Tod Heinrichs von Homburg heiratete Schonetta 1414 Herzog Otto von Grubenhagen (1396–1452). Im Zusammenhang der Eheschließung kam es zu einem Vertrag mit dem Stift Hildesheim, daß die Leibzucht der Schonetta nach ihrem Tod an das Stift Hildesheim – den Lehnsherrn der wichtigsten Teile der Homburger Herrschaft – fallen sollte. Jedoch verkaufte Schonetta nach der Auflösung ihrer zweiten Ehe im Jahr 1421 bereits Teile ihrer Leibzucht für 4000 Gulden an das Hildesheimer Domkapitel. Um die Leibzucht der Schonetta entwickelte sich eine Fehde zwischen den Herzögen von Braunschweig und dem Bischof von Hildesheim, die erst in dem durch Nikolaus von Kues vermittelten „Kardinalvertrag“ ihr Ende fand. Dieser Vertrag ermöglichte den Herzögen den Rückkauf des Wittums. Schonetta von Nassau verbrachte ihre letzten Jahre in Hildesheim, wo sie den von Dasle hoft lebenslänglich als Wohnsitz erhielt, außerdem wurde ihr eine Pfründe gleich einem Domherrn überlassen.3) Sie starb 1436 und wurde im Dom begraben.4)

Anmerkungen

  1. Vgl. Kd. Hildesheim, Kirchen, S. 55. – Ausführliche Beschreibung der Grabplatte s. Bertram, Bischöfe, S. 93.
  2. 25. April.
  3. UB Stadt 3, Nr. 1237.
  4. Zu den Auseinandersetzungen zwischen dem Stift Hildesheim und den Braunschweigischen Herzögen um das Homburgsche Erbe vgl. ausführlich Bertram, Bistum 1, S. 373; Geschichte Niedersachsens Bd. 2,1, S. 791.

Nachweise

  1. Kd. Hildesheim, Kirchen, S. 55, Abb. S. 26.
  2. Bertram, Bischöfe, S. 93 (A).
  3. Kat. Ego sum, S. 255 mit Abb.
  4. Slg. Rieckenberg, S. 574, zwei Photos.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 150 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0015002.