Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 126 Dom-Museum 1405

Beschreibung

Grabplatte für den Dompropst Eckhard I. von Hanensee. Messing. Die hochrechteckige Platte lag ursprünglich wie die Grabdenkmäler der übrigen Mitglieder der Familie von Hanensee (Nr. 174, Nr. 210, Nr. 211) im Alten Paradies unter dem Westturm des Doms.1) Später wurde sie im östlichen Kreuzgang angebracht, zum Zeitpunkt der Bearbeitung befand sie sich im Dom-Museum. Im Innenfeld ist der Verstorbene in Ritzzeichnung lebensgroß im Gewand eines Geistlichen unter einer mit Blättern und Maßwerk verzierten Spitzbogenarchitektur dargestellt, zu seinen Füßen sein Wappen. Der Verstorbene hält ein Buch, auf dessen Einband eine Darstellung Christi auf dem Regenbogen erkennbar ist. In den vier Ecken der Platte die Symbole der vier Evangelisten in Medaillons. Ihnen sind die Schriftbänder A zugeordnet, deren Inschriften weitgehend abgetreten sind. Inschrift B läuft in zwei Zeilen an drei Seiten um die Platte. Die obere Schmalseite ist ausgespart. Als Worttrenner werden florale Elemente, Blattwerk, Blumen in einer Vase und ein Drache verwendet. Die heute nicht mehr lesbare Inschrift C befand sich an der oberen Schmalseite, in einem von einem Engel gehaltenen Spruchband. Alle Inschriften sind glatt vor schraffiertem Hintergrund graviert.

Inschrift A ergänzt nach Bertram, Bischöfe (Zeichnung); C nach Bertram, Bischöfe (Zeichnung).

Maße: H.: 191,5 cm; B.: 72,3 cm; Bu.: 1 cm (A), 3,2 cm (B), 1,7 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

Elke Schneider (Heidelberg) [1/2]

  1. A

    [mattheus] // io[ha]n[nes] // [marcus] // [lucas]

  2. B

    M · ca) · bis binis annis domini quoque quinis · U[irtu]tum nardus [fe]sto ghertrudis2) · eghardus · / Stirpe · hanense natus / Uir prouydus arte docatusb). [H]ilde[n]semmensis · ac prepositus · uelid ensisc) · / Ecclesie iura defendens non sine cura · Dono certe dei moriens datur hic requiei · / Huic succurre pia · / nunc te rogo virgo maria · Ne penis detur · sed cum sanctis glorietur ·

  3. C †

    [sit]d) domino gratus · cum justis salvificatus

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn tausend und zweimal zweihundert und fünf [1405] am Fest der [heiligen] Gertrud [starb] Eckhard, eine Narde duftend von Tugenden, aus dem Stamm Hanensee geboren, ein besonnener Mann, in den Wissenschaften gebildet, Propst in Hildesheim; wie ein Schwert verteidigte er die Rechte der Kirche mit großem Einsatz. Als er gestorben war, wurde er durch Gottes Geschenk [d. h. von Gott zum Dank für seinen Einsatz] beschenkt, hier zur ewigen Ruhe gebettet. Komm ihm gnädig zu Hilfe, so bitte ich dich nun, Jungfrau Maria, damit er nicht der ewigen Strafe anheim falle, sondern mit den Heiligen frohlocke. (B)

Möge er dem Herrn wohlgefällig sein und mit den Gerechten gerettet werden. (C)

Versmaß: Leoninische Hexameter, zweisilbig gereimt (B, C). Die Zeilen 5–7 der Inschrift B mit einem Akrostichon der Namensinitialen.

Wappen:
Hanensee*

Kommentar

In Inschrift B sind die i-Punkte in Form von Dreiecken, Quadrangeln oder Rhomben in die die Inschrift begrenzenden Leisten geritzt worden. Der Balken des t und auch das Ende des p-Bogens sind durch die Haste gezogen, am oberen Teil des gebrochenen Bogens von g und am Balken des t setzen Zierstriche an. Der D-Versal ist mit Blättchen verziert, auch am Balken des e setzen kleine Blättchen an. Die Ausführung der Inschrift entspricht der von ornamentalem Gestaltungswillen geprägten Sprache des Grabgedichts (B).

Eckhard von Hanensee hat sich im Jahr 1387 an der Universität Prag immatrikuliert3) und den Grad eines baccalaureus in decretis erworben. Die Matrikel führt ihn bereits mit der Bezeichnung canonicus hildensemensis. 1389 wird er als Inhaber des Archidiakonats Schmedenstedt genannt, im Jahr 1401 wurde er mit der Dompropstei und dem Archidiakonat St. Andreas providiert. Im selben Jahr ist er als Dompropst urkundlich bezeugt, seit 1404 auch als Archidiakon.4) Er starb in Steuerwald, nachdem er dort von Bischof Johann III. (1398–1424) unter der Anschuldigung, den Landfrieden gebrochen zu haben, im Jahr 1403 gefangengesetzt worden war.5) In den Chroniken wird diese Haft in unmittelbarem Zusammenhang mit Eckhards Tadel an der schlechten Amtsführung des Bischofs berichtet.6)

Textkritischer Apparat

  1. c ] et Gmelin.
  2. docatus] Statt dotatus HS 114b, HS 116.
  3. uelid ensis] Statt uelut ensis so HS 271, Konjektur Bertram, Bischöfe, uendensis Mithoff; aelidensis Gmelin.
  4. Klammern so bei Bertram, Bischöfe.

Anmerkungen

  1. Bertram, Bischöfe, S. 86.
  2. 17. März.
  3. Matrikel Prag, Bd. 2, S. 14.
  4. Repertorium Germanicum 2, Sp. 244f.; UB Stadt 3, Nr. 18 (vor dem 31. Oktober 1401); ebd., Nr. 146 (26. September 1404). Die älteren urkundlichen Nachweise eines Eckhard im Amt des Dompropsts (UB Stadt 2, Nr. 717 Eghart Domprovest [19. Februar 1391]) u. ö., beziehen sich entweder auf Eckhard von Eldingen (Dompropst seit 1383) oder auf einen Seniorkanoniker Eckhard von Hanensee, von dem es im Repertorium Germanicum heißt, er habe zusammen mit Conrad, dem Erzbischof von Nikosia, im Jahr 1401 die Hildesheimer Propstei resigniert. Dieser ältere Eckhard von Hanensee fehlt in der Liste der Dompröpste bei Bertram (Bistum 1, S. 454). Zu Eckhard I. von Hanensee s. a. Bertram, Bischöfe, S. 86.
  5. Repertorium Germanicum 2, Sp. 245: Henricus Lechting clericus Paderburnensis a cardinale ad processus in civitate Hildesemensi destinatus a tribus satellitibus vel familiaribus Eghardi captivatus pecunia et litteris spoliatus est. Qua de causa Eghardus et satellites a Johanne electo Hildensemensi incarcerati sunt (16. September 1403).
  6. Elbers, Chronicon, in: DBHi, HS 101, S. 281; Chronik Wildefuer, S. 165.

Nachweise

  1. Bertram, Bischöfe, S. 87, Tafel 9.
  2. DBHi, HS 271, fol. 2r.
  3. DBHi, HS 101, S. 281.
  4. DBHi, HS 114b, fol. 59r.
  5. DBHi, HS 116, S. 125.
  6. DBHi, HS C 761, o. S. (Zeichnung).
  7. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 119 (B, lückenhaft).
  8. Kd. Hildesheim, Kirchen, S. 144 (B, C), Abb. Tafel XVII.
  9. Gmelin in: Kat. Kirchenkunst des Mittelalters, S. 215 mit einer Zeichnung, Abb. S. 217.
  10. Kat. Ego sum, Abb. S. 290.
  11. Slg. Rieckenberg, S. 553ff., zwei Photos.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 126 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0012606.