Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 97† Dom 1363

Beschreibung

Grabplatte für Bischof Heinrich III. Messing oder Bronze. Sie befand sich ursprünglich vor dem Katharinenaltar1) unter der Orgel und wurde um 1788 beseitigt.2) Die Grabplatte ist in einer Zeichnung Schlüters überliefert. Im Innenfeld war der Verstorbene lebensgroß in bischöflicher Kleidung unter einem krabbenbesetzten Baldachin dargestellt. Rechts neben der Figur zwei Ranken mit Weinlaub und Weintrauben, dazwischen ein Wappen. Links neben der Figur ebenfalls zwei Weinranken, dazwischen ein weiteres Wappen. In den vier Ecken des Innenfeldes die vier Burgen, die der Bischof zur Befestigung des Stifts erworben oder errichtet hatte: die Marienburg, Wiedelah, Schladen und Woldenstein.3) Die Platte wurde gerahmt von der vierseitig umlaufenden Inschrift A. In den vier Ecken der Umschrift die vier Evangelistensymbole mit Beischriften B.

Inschriften nach DBHi, HS 273 (Zeichnung).4)

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), Minuskel mit Versalien (B).5)

Hildesheim, Dombibliothek [1/1]

  1. A

    POST · Ma) · POST · TRIA · CCC · POST · SEXAGINTA / DUOQ(UE) · HUNC · LVXb) · VI · NECAT · FEBRVI · Q(UI) · PACE · Q(UI)ESCAT · CREVERAT · ECCLESIAc) . PERd) / EVM · PRESTANTE · MARIA · PRESUL · PA/CIFIC(US) · HE(N)RIC(US) · HO(NO)RIS · A(M)IC(US) · HIC · ESTe) · PROSTRAT(U)S . BRUNSWICH · DE · PRINCIPE · NAT(US).f)

  2. B

    S(anctus) · Joannes // S(anctus) Matthaeus // S(anctus) Lucas · // S(anctus) Marcus

Übersetzung:

Nach tausend, nach dreihundert [und] nach zweiundsechzig [Jahren] [= 1363] brachte das Licht des 6. Februar den Tod dem, der [hier] in Frieden ruhe. Durch ihn war die Kirche unter dem Beistand Marias erstarkt. Hier wurde der friedliebende Bischof Heinrich [zur Ruhe] gelegt, ein Freund der Ehre, der Sohn des Fürsten von Braunschweig.

Versmaß: Fünf Hexameter, die Verse 1–3 einsilbig, die Verse 4 und 5 zweisilbig leoninisch gereimt (A).

Wappen:
Bistum Hildesheim*, Herzöge zu Braunschweig-Lüneburg*

Kommentar

Die Zeichnung Schlüters vermittelt den Charakter einer manieriert ausgeführten gotischen Majuskel mit deutlich verschiedenen Strichstärken. Charakteristisch sind rundes T mit feinem Abschlußstrich an der rechten Seite, F mit eingerolltem Zierstrich am Mittelbalken, L mit weit hochgezogenem Balkensporn. Besonders auffällig ist die Gestaltung der Sporen, die entweder in gerader Form lang ausgezogen, als Häkchen, einseitig eingerollt oder als sförmige Linie ausgeführt sind (am Bogen des unzialen H). Die ausgeprägten Sporen erreichen bei der insgesamt schlanken Schrift einen weitgehenden Abschluß der Buchstaben. Nodi als Zierformen rechts und links an den Hasten von T und I.

Heinrich III. war der Sohn Herzog Albrechts des Feisten zu Braunschweig-Lüneburg. Er bekleidete das Bischofsamt von 1331 bis zu seinem Tod im Jahr 1363. Die Formulierung Ecclesia creverat könnte sich auf den Bau der vor der Stadt gelegenen Marienburg durch Bischof Heinrich III. beziehen.6)

Textkritischer Apparat

  1. M] Aufzulösen ist M(ILLE).
  2. LVX] Sol Chronik Wildefuer, Letzner, HS 114b, HS 116, HS 118b, HS 129, HS 131, HS 271; lux (auf Rasur) HS 129a.
  3. ECCLESIA] ECCLCSIA HS 273.
  4. PER] PCR HS 273.
  5. HIC · EST] Est hic Mithoff.
  6. Die älteren Überlieferungen setzen Vers 4 an den Anfang. Es folgen 5, 1, 2 und 3.

Anmerkungen

  1. Kd. Hildesheim, Kirchen, S. 70. An der Stelle der ehemaligen Grabplatte wurde nach der Erneuerung des Fußbodens eine rautenförmige Marmorplatte mit eingelegter Messinginschrift angebracht: HIC QVIESCIT HENRICVS III. EPISCOPVS HILDESIENSIS DVX BRVNSVICENSIS ET LVNEBVRGENSIS OBIIT VIII. ID(VS) FEBR(VARII) MCCCLXIII (6. Februar 1363) R(EQVIESCAT) I(N) P(ACE). ‚Hier ruht Heinrich III., Bischof von Hildesheim, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Er starb am 8. Tag vor den Iden des Februar 1363. Er ruhe in Frieden‘.
  2. Bertram, Bischöfe, S. 80.
  3. Vgl. Chronicon Hildesheimense, S. 870.
  4. Schlüter (in DBHi, HS 273) nennt keine Maße der Platte.
  5. In der Zeichnung bei Bertram, Bischöfe, Tafel 8 sind die Inschriften B in Majuskeln wiedergegeben.
  6. Vgl. Bertram, Bischöfe, S. 79f.

Nachweise

  1. DBHi, HS 273, fol. 4r mit einer Zeichnung.
  2. Chronik Wildefuer, S. 154.
  3. Letzner, Hildesheimische Chronik, 1. Buch, 1. Teil, Kapitel 5, S. 43.
  4. DBHi, HS 114b, fol. 57v.
  5. DBHi, HS 116, S. 121.
  6. DBHi, HS 118b, S. 224.
  7. DBHi, HS 129, S. C 47.
  8. DBHi, HS 131, fol. 10v.
  9. DBHi, HS 271, S. 3.
  10. DBHi, HS C 371, o. S.
  11. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 114.
  12. Bertram, Bischöfe, S. 81, Tafel 8 (fehlerhafte Zeichnung nach Schlüter).
  13. Bertram, Bistum 1, S. 342f. mit einer Zeichnung.
  14. Kd. Hildesheim, Kirchen, S. 19.
  15. Slg. Rieckenberg, S. 503–505, Pause aus Bertram, Bischöfe, Tafel 8; ein Photo aus Schlüter.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 97† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0009700.