Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 76 St. Andreas 1301

Beschreibung

Grabplatte für Offenia, Mutter des Bruno Insanus (Dolle). Sandstein. Die hochrechteckige Platte ist im südlichen Seitenschiff rechts neben der Tür zur Taufkapelle in die Wand eingelassen. Der Stein weist in der Mitte einen Riß auf, der Textverlust in der Inschrift zur Folge hat. Unterhalb des Risses ist die Oberfläche weitgehend zerstört. Im vertieften Innenfeld im Flachrelief über einem mit Maßwerk gefüllten Spitzbogen ein mit Krabben besetzter Wimperg, der von einem Doppelkreuz bekrönt wird. Die freien Arme des oberen Kreuzteils enden in heraldischen Lilien. Die Platte wird von einer vierseitig umlaufenden eingehauenen Inschrift gerahmt, die an der oberen Schmalseite in der Mitte beginnt.

Inschrift ergänzt nach Photo Slg. Rieckenberg.

Maße: H.: 188 cm; B.: 70 cm; Bu.: 5,5–6 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Sammlung Rieckenberg [1/1]

  1. + [ANN]O / D(OMI)NI · M · CCCI · [IN] · [D]IE · REM[IGII1) · OBIIT / OFFENIA · / M]ATER · BRVNONISa) JN·SANI · REQ(VIESCAT) I(N) / PA(CE)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1301 am Tag des Remigius starb Offenia, die Mutter des Bruno Insanus. Sie ruhe in Frieden.

Kommentar

In der Inschrift stehen eckig-spitze mit runden Formen in regelmäßigem Wechsel, z. B. zwei verschiedene F in OFFENIA, zwei unterschiedliche N-Formen in BRVNONIS, verschiedene A-Formen in OFFENIA und MATER. Die unzialen E und die runden F sind vollständig abgeschlossen.

Im Jahr 1284 wird in den Einnahmen-, Ausgaben- und Zinsregistern des Domdechanten Johannes eine Offenie genannt.2) Bruno Insanus ist von 1277 bis 1302 urkundlich bezeugt, er war – wie auch der von 1271 bis 1280 nachweisbare Ludolf Insanus – Mitglied des Hildesheimer Rats.3) Er ist zwischen 1302 und 1305 gestorben, seine Witwe stiftete dem Wunsch ihres Mannes entsprechend im Jahr 1305 ein Seelgerät am Allerheiligenaltar in der Andreaskirche.4) Die Grabplatte der Offenia ist das älteste Grabdenkmal im Hildesheimer Bestand, das für Angehörige des Stadtbürgertums gestiftet wurde. Hinter dem lateinischen Namenszusatz Insanus verbirgt sich wahrscheinlich der Familienname Dolle.5)

Textkritischer Apparat

  1. BRVNONIS] Erstes N kapital und retrograd.

Anmerkungen

  1. 1. Oktober.
  2. UB Hochstift 3, Nr. 484.
  3. UB Stadt 1, Nr. 363 vom 27. September 1277 u. ö. Zum letzten Mal ist er in einer Urkunde vom 6. September 1302 als Zeuge genannt (ebd., Nr. 563).
  4. Ebd., Nr. 584: Beurkundung des Rats über die Gründung und Dotierung eines Allerheiligenaltars in der Andreaskirche (vor dem 11. November 1305). Vgl. auch Härtel, St. Andreas, Kap. V 2.1.5 und Anhang 2.
  5. Für diesen Hinweis danke ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Petke, Göttingen.

Nachweise

  1. Hildesheimer Friedhöfe, S. 182.
  2. Slg. Rieckenberg, S. 475f., ein Photo.

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 76 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0007601.