Inschriftenkatalog: Stadt Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 58: Stadt Hildesheim (2003)

Nr. 49 London, Victoria & Albert-Museum E. 12. Jh.

Beschreibung

Tragaltarförmiges Reliquiar.1) Holzkern, beschlagen mit vergoldeten und emaillierten Kupferplatten. Das Reliquiar stammt aus dem Besitz des Hildesheimer Sammlers Franz Engelke (1778–1856) und wurde im Jahr 1866 vom Londoner Victoria & Albert-Museum erworben.2)

Querrechteckiges Kästchen auf vier Füßen mit vorspringendem Sockel und Gesims. Auf den Seitenflächen des Kästchens Brustbilder der zwölf Apostel, jede Langseite zeigt vier Apostel, die beiden Schmalseiten je zwei. Die Apostel sind durch Namenbeischriften bezeichnet, die auf einem am Gesims angebrachten Metallband graviert und nielliert sind. Die Inschriften sind wenig sorgfältig ausgeführt; es fehlen sämtliche Kürzel, die Namen sind teils in scriptura continua geschrieben und stehen nicht direkt über den dargestellten Figuren. Auf der Deckelplatte des Reliquiars ist die Kreuzigung dargestellt: in den Ecken in Viertelkreisbögen Sonne und Mond, im Zentrum Christus am Kreuz. Links neben dem Kreuz steht außen Maria, innen, unter dem Kreuz, Ecclesia mit Kreuzstab, die das Blut aus der Seitenwunde Christi in einem Kelch auffängt. Rechts unter dem Kreuz die Synagoge mit Lanze, deren Spitze nach unten gekehrt ist, und außen neben dem Kreuz Johannes. Diese Kreuzigungsdarstellung entspricht weitgehend dem auf dem Buchdeckel aus St. Godehard (Nr. 54) angebrachten Mittelbild, so daß die Herstellung in einer Hildesheimer Werkstatt einigermaßen wahrscheinlich ist. Daß es auch in einer Hildesheimer Kirche im liturgischen Gebrauch war, läßt sich nur vermuten.

Inschriften nach Abb. Brandt, Emailkunst und Photo Victoria & Albert-Museum.

Maße: H.: 8,2 cm; B.: 9,5 cm; L.: 15,7 cm;3) Bu.: ca. 0,5 cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

  1. IACOB · PHILIPP BARTHOLOME(VS) MATHE(VS) / SYMON THADDE(VS) / PETRVS PAVLVS ANDREA(S) IACOBVSa) / IOH(ANN)ES THOMA(S)

Kommentar

Auf der Abbildung bei Brandt und auf dem Photo des Victoria & Albert-Museums läßt sich erkennen, daß H ausschließlich in der unzialen und M, im Wechsel mit der kapitalen, auch in der runden, vorne geschlossenen Form verwendet worden ist. Ein eckiges C in IACOBVS steht neben rundem C.

Die stilkritische Untersuchung Falkes hat das Reliquiar als norddeutsche Arbeit aus dem Ende des 12. Jahrhunderts bestimmt.4) Der schriftgeschichtliche Befund entspricht dieser zeitlichen Einordnung.

Textkritischer Apparat

  1. IACOBVS] Gravurfehler: im eckigen C die Hasten eines A.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr.: 4524-1858. – Für freundliche Hilfe bei der Beschaffung der Photos danke ich Herrn Andrew Spira, Victoria & Albert-Museum, Department of Metalwork.
  2. Brandt, Engelke, S. 16.
  3. Maße ebd., Anm. 24.
  4. Otto von Falke u. Heinrich Frauberger (Hg.): Deutsche Schmelzarbeiten des Mittelalters und andere Kunstwerke der Kunst-Historischen Ausstellung zu Düsseldorf 1902. Frankfurt/M. 1904, S. 114 (Reliquiar aus dem South Kensington-Museum).

Nachweise

  1. Brandt, Emailkunst, Abb. Nr. 122.
  2. London, Victoria & Albert-Museum, Mus. No. 4524–1858, FG 377 und 379.
  3. DBHi, HS C 1533, S. 1, Nr. 3 (zitiert bei: Brandt, Engelke, S. 16).

Zitierhinweis:
DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 49 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di058g010k0004901.