Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 300 Sibbesse, ev. Kirche St. Nicolai 1607

Beschreibung

Taufe. Stein. Die im Jahr 1893 wieder aufgestellte Taufe besteht aus zwei ursprünglich nicht zusammengehörenden Teilen: einem älteren Schaft und einem 1607 entstandenen Becken. Am Becken unter dem abschließenden Gesims umlaufend die erhaben in vertiefter Zeile ausgeführte, zum Zeitpunkt der Aufnahme (Sommer 2004) vergoldete Inschrift A. Das Kunstdenkmälerinventar überliefert eine Fortsetzung der Inschrift, die auf dem zum Zeitpunkt der Aufnahme verdeckten Rand gestanden haben dürfte.1) An der Wandung des Beckens vier Rollwerkkartuschen, in der einen die Darstellung der Taufe Christi; in drei weiteren die Inschriften B, C, D erhaben in vertiefter Zeile. Zwischen den Rollwerkfeldern Figuren der Justitia und der Fides sowie zwei Putten mit Ähren. u überwiegend mit diakritischen Zeichen markiert, einzelne Buchstaben am Zeilenende stehen im Rahmen.

Inschrift A ergänzt nach Kdm.

Maße: H.: 98,5 cm; Dm.: 84 cm; Bu.: 2,5–3 cm (A, C, D), 2,7–3 cm (B). Fraktur (A, B, D),

Schriftart(en): Fraktur mit Kapitalis (C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    Anno 1607 Haben Jacob Vndt Mattheussa) Steuenb) Gebruedere Vndt Forster Dussena) Tauffstein Renouirenn Vndt VorFertigen lasen // [Johann anthonius pastor]

  2. B

    Lasset die Kindtlein zu / mir komen vnd weret / Jhnen · nicht den Sol/cher ist das Reich godte(s)2)

  3. C

    Wie viel · ewr getauft / Sindt die Haben / Christum Ange=/zogen GALAT 33)

  4. D

    Teuffet sie im Namen / des vaters Vnd des / Sohns und des / Heiligen Geistes4)

Übersetzung:

Im Jahr 1607 haben die Brüder und Förster Jakob und Matthäus Steven diesen Taufstein renovieren und anfertigen lassen. Pastor Johann Antonius. (A)

Kommentar

Auf Grund übereinstimmender Schriftcharakteristika ist diese Taufe mit den drei von Meister MB signierten Taufen in Adensen (Nr. 296), Möllensen (Nr. 299) und Eberholzen (Nr. 315) in einen Werkstattzusammenhang zu stellen, zu dem auch die nicht signierte Taufe in Klein Himstedt von 1612 (Nr. 319) gehört. Während für die beiden 1607 entstandenen Taufen in Adensen und Möllensen nahezu ausschließlich die Fraktur verwendet wurde, sind die Inschriften der 1611 gehauenen Taufe in Eberholzen in Kapitalis ausgeführt und verraten daher lediglich durch das allen gemeinsame G mit leicht eingezogener Cauda dieselbe Herkunft. Die Taufe in Klein Himstedt weist Fraktur und Kapitalis auf (Nr. 319). Bei den Frakturinschriften sind die Übereinstimmungen signifikanter: Zunächst fallen die nach gleichen Gestaltungsprinzipien ausgeführten Initialen auf (besonders G und K). Bei den Gemeinen, d. h. bei den normalen Minuskeln, sind die i konsequent mit i-Punkten versehen und die u mit übergeschriebenen Strichen. Weiterhin ist die obere Verbindung von zwei aufeinander folgenden f bzw. Schaft-s jeweils so gestaltet, dass die Fahne des linken Buchstaben an den Schaft des rechten herangeführt ist. Die auffälligste Übereinstimmung bildet das Minuskel-z, dessen Deckbalken aufgerichtet und dessen Bogen als Schlinge ausgeführt ist. Die Ziffern stimmen nur in den Grundformen überein, was aber den unterschiedlichen Ausführungstechniken und den Farbfassungen geschuldet sein kann.

Jakob und Matthäus Steuen sind in der einschlägigen Zeit als Förster in Sibbesse bezeugt.5) Zum Textprogramm vgl. Nr. 296. Zu Johann Antonius vgl. Nr. 299.

Textkritischer Apparat

  1. Mattheuss, Dussen] Schaft-s und rundes s; ß Kdm.
  2. Steuen] Stenen Kdm., Mathies.

Anmerkungen

  1. Auch Mathies, Taufbecken, S. 148 hat diese Inschrift nicht verifiziert.
  2. Mk. 10,14.
  3. Gal. 3,27.
  4. Mt. 28,19.
  5. HSTA Hannover, Cal. Br. 14 Nr. 871 (1592–1614) u. Cal. Br. 14 Nr. 891 (1591–1615), nach AIDA Online-Findbuch.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Alfeld II (Gronau), S. 213 (nur A).
  2. Mathies, Taufbecken, S. 148 (nur A) mit Abb. 225f.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 300 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0030004.