Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 35 Lamspringe, kath. Klosterkirche St. Hadrian u. Dionysius 1464

Beschreibung

Glocke. Bronze. Sechs Kronenöhre in Flechtband. Die Inschrift ist unterhalb der Schulter erhaben zwischen zweimal zwei Riemenstegen gegossen. Am Schlagring der Abdruck eines Brakteaten.

Maße: H.: 92 cm; Dm.: 102 cm; Bu.: 4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. + anno · d(omi)ni · m · cccc · lxiiii · s(anctus) · adrianus · s(anctus) · dionisius · patroni · ihesus · maria · ridagus · fundator ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1464. Die Patrone: der heilige Hadrian, der heilige Dionysius. Jesus. Maria. Der Stifter Ridag.

Kommentar

Nach einer im 12. Jahrhundert von Hildesheimer Notaren verfälschten Tradition gründete ein Graf Ricdag (Ridag)1) zusammen mit seiner Gemahlin Imhild um das Jahr 847 in Lamspringe eine geistliche Frauengemeinschaft. Sie setzten ihre Tochter Ricburg als erste Äbtissin des Konvents ein. Auf Empfehlung Papst Sergius’ II. († 847) – der Klostergründungsgeschichte nach aufgrund einer Reliquienschenkung – erfolgte diese Gründung zu Ehren des heiligen Märtyrers (H)adrian.2) Die Märtyrer Adrian und Dionysius werden neben der Gottesmutter Maria bereits in einer für Lamspringe ausgestellten Urkunde des Hildesheimer Bischofs Adelog aus dem Jahr 1178 genannt.3)

Die Inschrift bietet ein Beispiel für die besondere Bedeutung des Stiftergedenkens in den monastischen Reformbewegungen des 15. Jahrhunderts.

Anmerkungen

  1. Einer Inschrift von 1693 an der Südwand der Krypta zufolge war Ricdag im Kloster Lamspringe begraben, vgl. Hedwig Röckelein, Schreibende Klosterfrauen – allgemeine Praxis oder Sonderfall? In: Die gelehrten Bräute Christi. Geistesleben und Bücher der Nonnen im Hochmittelalter, hg. von Helwig Schmidt-Glintzer (Wolfenbütteler Hefte 22) Wiesbaden 2008, S. 15–38, hier S. 20, Anm. 14 mit Wiedergabe des Textes.
  2. Vgl. Röckelein (wie Anm. 1), S. 16–19; Christof Römer, Lamspringe. In: Germania Benedictina XI, S. 331–376, hier S. 331–333.
  3. UB Hochstift Hildesheim, Bd. 1, Nr. 387; Römer (wie Anm. 2), S. 331.

Nachweise

  1. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 545.
  2. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 210, Abb. S. 212.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 35 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0003502.