Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 33 Brunkensen, ev. Kirche St. Martin 1460, 2. H. 16./17. Jh.

Beschreibung

Glocke. Bronze. Sie dient seit 1925 als Ständer für das Taufbecken. Die erhaben ausgeführte Inschrift A verläuft zwischen mehrfachen schmalen Stegen unterhalb der Glockenschulter. Am Beginn der Inschrift ein Relief der heiligen Veronika mit dem Schweißtuch, daneben ein Ornament. Auf der Flanke der Corpus Christi ohne Kreuz, darunter in eingravierter Punktschrift Inschrift B aus späterer Zeit.

Maße: H.: 56 cm; Dm.: 70 cm; Bu.: 3,6 cm (A), 0,6 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/2]

  1. A

    anno domini m°a) cccc in dem lxb) iarec)

  2. B

    4 · ZINIA · MIN · EIN FERENDEL1)

Kommentar

In Inschrift A sind alle i, m und n spiegelverkehrt ausgeführt.

Aus schriftgeschichtlichen Gründen kann die in Kapitalis ausgeführte Inschrift B nicht gleichzeitig mit der Inschrift A entstanden sein, da die Kapitalis erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts in den niedersächsischen Inschriften gebräuchlich wird.

Textkritischer Apparat

  1. Gussfehler: Das hochgestellte o ist in Form eines hochgestellten, um 90° gedrehten Minuskel-n ausgeführt.
  2. Das Zahlzeichen l steht nahezu im Mittelband, eine Lesung als i ist aber auszuschließen, weil die obere Brechung fehlt und das Schaftende leicht gegabelt ist.
  3. iare] Über e zwei Punkte.

Anmerkungen

  1. FERENDEL ‚Viertel eines Ganzen‘, vgl. Schiller/Lübben, Mittelniederdeutsches Wörterbuch, Bd. 5, S. 240; Zinia ist lexikografisch nicht zu belegen. Vielleicht ist die Inschrift im Sinne von ‚4 Zinia minus ein Viertel eines Ganzen‘ zu verstehen. Die Glockensachverständigen Jörg Poettgen und Andreas Philipp erwägen, daß ZINIA ‚Zentner‘ bedeutet und FERENDEL ein kleineres Maß, vielleicht ‚Pfund‘. Demnach hätte die Glocke ein Gewicht von etwa 200 kg, was bei einem Durchmesser von 70 cm nicht unplausibel ist. Auch Steinacker (Kdm. Kreis Holzminden, S. 250) interpretiert die Inschrift als Gewichtsangabe.

Nachweise

  1. STA Wolfenbüttel, LB 1225, Heft 16, fol. 24r.
  2. Kdm. Kreis Holzminden, S. 250.
  3. Drömann, Glocken, S. 49.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 33 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0003308.