Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 425† Giesen, kath. Pfarrkirche St. Vitus 1648?

Beschreibung

Glocke. Ihr Gewicht wird mit einem Zentner angegeben.1)

Inschrift nach DBHi, HS 777.

  1. A

    Alß man vom frieden hörte blicken2)Undt sich der 30iahrige Krieg wolte schiecken3)diese glocke gegossen istihr Schutzher ist der herre Christ

  2. B

    Me fecit M(agister) Henrich Quednstidde Anno 1648

Übersetzung:

Als man hörte, dass sich der Frieden zeigte, und sich der Dreißigjährige Krieg wendete, wurde diese Glocke gegossen. Sie steht unter dem Schutz Christi. (A) Im Jahr 1648 hat mich Meister Hinrich Quenstaedt gemacht. (B)

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Kommentar

Die Glocke wurde von dem Giesener Gogrefen4) Johann Lethmathe und seiner Ehefrau Elisabeth Wedekindt im Jahr 1649 gestiftet.5) Ein Johann Lethmate ist 1608 als Schüler des Hildesheimer Jesuitengymnasiums genannt. Das Amt des Gogrefen bekleidete Lethmathe wohl schon seit 1630. Er starb im Januar 1661.6)

Gegossen wurde die Glocke in Hildesheim von dem seit 1626 dort bezeugten Hinrich Quenstaedt.7) Sie ist die späteste unter seinen bisher bekannten Arbeiten.8) Die Weihe der Glocke erfolgte im Hildesheimer St. Godehard-Kloster, dem Groß Giesen seit 1424 inkorporiert war und dessen Patres die Pfarrei betreuten.9) Nach Groß Giesen wurde die Glocke erst im Jahr 1649 gebracht.10) Hammer und Klöppel fertigte der Hildesheimer Grobschmiedemeister Hans Nierwerdt, der für seine Arbeit 6 Gulden, 7 Mariengroschen und 6 Pfennige erhielt.11)

Anmerkungen

  1. DBHi, HS 777, S. 19.
  2. ‚sich zeigen, sichtbar werden‘ vgl. Schiller/Lübben, Bd. 1, S. 356 s. v. ‚blicken‘.
  3. ‚ordnen, fügen, wenden‘ vgl. Schiller/Lübben, Bd. 4, S. 87 s. v. ‚schicken‘.
  4. Zum Amt des Gogrefen vgl. den Kommentar zu Nr. 343.
  5. DBHi, HS 777, S. 19; Reifenrath (Groß Giesen, S. 41) gibt 1647 als Jahr der Stiftung an.
  6. Vgl. Klingebiel, Lokale Amtsträger, S. 708.
  7. Vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 703. Zu Hinrich Quenstaedt vgl. Nr. 384 (Werkverzeichnis) u. 391.
  8. Die jüngsten bisher bekannten Werke Quenstaedts stammen aus dem Jahr 1647, vgl. Thieme/Becker, Bd. 27, S. 512.
  9. Vgl. Handbuch Bistum Hildesheim, Region Hildesheim, S. 236; s. a. Schwerdtfeger, Stiftsdorf Groß Giesen, S. 162 (dort abweichend 1425 als Inkorporationsjahr genannt); zur Inkorporation s. a. Joseph Ahlhaus, Geistliches Patronat und Inkorporation in der Diözese Hildesheim im Mittelalter. Freiburg i. Br. 1928, S. 37.
  10. DBHi, HS 777, S. 19.
  11. Über die Glocke heißt es ebd. weiter: Anlässlich ihrer Weihe wurden 2 Gulden und 16 Mariengroschen verzehrt. Bei ihrer Abholung in Hildesheim wurden 3 Mariengroschen und 6 Pfennige vertrunken. Zum Vergleich (ebd.): Der Scheffel Roggen kostete im Jahr 1649 in Giesen 30, Gerste 20 und Hafer 12 Mariengroschen.

Nachweise

  1. DBHi, HS 777, S. 19.
  2. Reifenrath, Groß Giesen, S. 41.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 425† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0042506.