Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 381 Nettlingen, ev. Kirche St. Marien 1636 o. später

Beschreibung

Drei Fragmente des für die Witwe des Pastors Konrad Weissekopf (Wittkop) oder beide Eheleute1) gesetzten Grabdenkmals. Stein. Die drei Fragmente sind als Umrahmung eines Chorfensters an der Nordseite der Kirche verwendet worden. Der untere, verkehrt herum eingemauerte Teil enthält die Mitte der Grabinschrift (mittlere Spalte), der obere aufrecht eingemauerte den rechten Rand der Inschrift (rechte Spalte). Zwischen beiden ist eine Lücke von acht bis zehn Buchstaben anzunehmen. Das im linken Fensterrahmen ebenfalls verkehrt herum eingemauerte dritte Fragment überliefert den unteren linken Teil der Inschrift (linke Spalte) und schließt fast genau an das untere Fragment im rechten Rahmen an. Die Inschrift ist erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt, die Zeilen sind unterschiedlich lang.

Maße: Bu.: 5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. [Anno]  Chr(ist)i 16  [. . . . . . . .]tage 
    [ – – – ] [de]  n Morgen  [. . . . . . . . is]t die 
    [ – – – ]  vndt Tug  [. . . . . . . . . . ]sea) 
    [ – – – ]  e[. .]e ehrb)  [. . . . . . . . .]ssekopff 
    [nach]  Gelassene  [. . . . . . .] Selig 
    [lich ents]  chlaffen ich  [res alters] 67 ihar 
    derenc) go[. .]  eine froli  [che auffers]tehung 
      verl[eihe]d) 
    philip[ – – – ] Jch habe lust[abzuscheiden vnd]bey chr[i]sto zu sei[n][welchs auch]v[i]el besse[r][were]2)

Kommentar

Die Inschrift ist in einer versalienreichen, qualitätvollen Fraktur ausgeführt, besonders auffällig ist das in der Brezelform ausgeführte kursive Schleifen-s in besse[r], weiterhin die ausgeprägte Unterlänge des g. Das untere Bogenende des h ist analog zur g-Unterlänge weit unter die Grundlinie gezogen.

Konrad Weissekopf hatte im Jahr 1605 nach seinem Studium in Helmstedt3) das Amt des Pastors in Nettlingen von seinem Vater Johann übernommen. In Folge des Siegs der katholischen Liga in der Schlacht bei Lutter am Barenberge (1626) mußte er 1629 nach dem Lübecker Separatfrieden die Pfarrei Nettlingen verlassen und in seine Filialgemeinde Nordassel ausweichen, konnte aber nach dem Sieg Gustav Adolfs in der Schlacht bei Breitenfeld im Jahr 1631 ein Jahr später nach Nettlingen zurückkehren. Er dürfte bald darauf gestorben sein, 1637 ist sein Nachfolger Melchior Müller im Amt.4) Das Todesdatum der Ehefrau Weissekopfs ist unbekannt.

Textkritischer Apparat

  1. se] s wahrscheinlich in der Form des kursiven Schleifen-s in Brezelform, vgl. Schriftbeschreibung im Kommentar.
  2. An dieser Stelle ist die Textstruktur nicht zu rekonstruieren.
  3. deren] An dieser Stelle nicht sinnvoll in den Satzzusammenhang einzubeziehen.
  4. Die Textstruktur ist vermutlich folgendermaßen zu rekonstruieren: ‚Anno Christi 16.. an dem .. des Monats … den Morgen um .. Uhr ist die viel ehr- und tugendsame …, des Konrad Weissekopff nachgelassene Witwe, seliglich entschlafen ihres Alters 67 Jahre, der(en)? Gott eine fröhliche Auferstehung verleihe.‘

Anmerkungen

  1. Es ist nicht auszuschließen, dass das Grabdenkmal im oberen Teil auch die Grabschrift des Ehemannes zeigte, vgl. Anm. d.
  2. Phl. 1,23.
  3. In der Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 181, Nr. 6, ist Weissekopf im Jahr 1605 unter den Ordinierten verzeichnet.
  4. Vgl. Hüpsel/Spanuth, Beiträge zur Heimatgeschichte von Nettlingen, Heft 1, S. 9; weitere biografische Ausführungen zu Weissekopfs Position in den konfessionellen Auseinandersetzungen bei Plath, Konfessionskampf, S. 100.

Nachweise

  1. Hüpsel/Spanuth, Beiträge zur Heimatgeschichte von Nettlingen, Heft 2 (mit einer Rekonstruktionszeichnung).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 381 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0038109.