Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 369 Algermissen, Alte Str. 5 (no. 58) 1629

Beschreibung

Haus. „Domküsterhof“. Fachwerk, acht Gefache breit, zwei Geschosse hoch, das Obergeschoss vorkragend, giebelständig zur Alten Straße. Der rechten Haushälfte ist ein zweigeschossiger, vier Gefache breiter Erker mit Giebel vorgebaut. Inschrift A auf dem Türsturz des Hauses in Kontur geschnitzt, die Buchstaben mit heller Farbe hervorgehoben. Inschrift B auf der Schwelle des Hausgiebels. Inschrift C beginnt auf der Schwelle des Obergeschosses und setzt sich am Erker fort. Inschrift D auf der Giebelschwelle des Erkers, größtenteils nur noch aufgemalt. Soweit nicht anders vermerkt, sind die Inschriften erhaben geschnitzt und farbig gefasst.

Maße: Bu.: 12 cm (A), 8 cm (B), 10 cm (C), 9 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/2]

  1. A

    ANNO · 1629

  2. B

    SI DEVS PRO NOBIS QVIS CONTRA NOS1) · FIDE SED CVI FIDE VIDE2) ·

  3. C

    ANNO · 16 · 29 // M(EISTER) · HANS · SCHVNE MEIER WOL3) · GODT · VORTRVWET · HADT · WOL · GEBVWET4) · IM HIMMEL · VNDT AVF · ERDEN

  4. D

    IST GOT MIT VNS WER MAG WIDER VNS5) · FRIDE ERNEHRET VNFRIDE VEHRHERETa)6) · ME · ANNO 1642

Übersetzung:

Wenn Gott für uns ist, wer vermag etwas gegen uns? Trau – doch sieh, wem. (B)

Versmaß: Deutsche Reimverse (C, WOL … GEBVWET; D, FRIDE … VEHRHERET).

Kommentar

Der Ort Algermissen gehörte kontinuierlich zum Hochstift Hildesheim. Der Domküsterhof steht als ein Zeugnis für die enge Verbindung zwischen dem Hildesheimer Domkapitel und dem Ort, die bereits durch die Schenkung eines Hofes in (Klein)-Algermissen im 10. Jahrhundert begründet wurde.7) Nach der Hildesheimer Stiftsfehde 1519–1523 verblieb Algermissen im Kleinen Stift und damit im Einflussbereich des Bischofs von Hildesheim und wurde daher von der Reformation nahezu nicht berührt.8) Das andernorts vielfach als lutherische Devise benutzte Bibelzitat Si Deus pro nobis und seine deutsche Übersetzung in Inschrift D dürfte folglich hier keine konfessionelle Tendenz haben, sondern sich allgemein auf den notwendigen Beistand Gottes in den schwierigen Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs beziehen.

Textkritischer Apparat

  1. VNFRIDE VEHRHERET] In Kdm. als unleserlich ausgewiesen.

Anmerkungen

  1. Rm. 8,31. Zur deutschsprachigen Version s. Inschrift D.
  2. Vgl. Walther, Proverbia, Bd. 2, Nr. 9439: Fide, fide, sed cui vide. Die veränderte Wortstellung macht die Inschrift sprachlich inkorrekt: Statt des zweiten fide müßte fidas stehen. Die emendierte Fassung liegt der Übersetzung zugrunde.
  3. Ndd. für ‚wer‘.
  4. Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 2, Sp. 90, Nr. 2200.
  5. Rö. 8,31; deutschsprachige Parallelversion von Inschrift B.
  6. Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 1, Sp. 1208, Nr. 56.
  7. Bertram, Bistum, Bd. 1, S. 59.
  8. Bertram, Bistum, Bd. 2, S. 432f.; s. a. Handbuch Bistum Hildesheim, Region Hildesheim, S. 181.

Nachweise

  1. Kdm. Landkreis Hildesheim, S. 139 (Abb. Tafel 11a).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 369 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0036900.