Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 354(†) Alfeld, ev. Kirche St. Nicolai 1624 o. später

Beschreibung

Grabplatte für das Kind Christoffer Breuning.1) Stein. Die hochrechteckige Platte lehnt an der nördlichen Kirchhofsmauer. Im oberen Teil des Innenfeldes ist das verstorbene Kind betend unter einer Bogenarchitektur dargestellt,2) in den Bogenzwickeln zwei geflügelte Engelsköpfe. Die teilweise zerstörte Inschrift A beginnt an der oberen Schmalseite, setzt sich auf der rechten Langseite fort und endet im unteren Teil der linken Langseite. Die nahezu vollständig verwitterte Inschrift B ist unterhalb der Darstellung im Innenfeld angebracht. Die Inschriften sind erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt.

Inschrift A ergänzt nach Graff, Inschrift B nach Graff.

Maße: H.: 121,5 cm; B.: 69 cm; Bu.: 4 cm. Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    HOC IACET IN CIPPO PATRIA / DE STIRPE BIENNIS PALMES BREUNIGADUM NOMINE // [CHRIS]TOPHERUSa) [ – – – ] //

  2. B †

    ET TENER IN LUCEM VENIb) TENER ATQ(UE) RECESSIMULTA TULI TENER UT PER ME LUCERET IMAGOc) CHRISTO IUNCTE TENER PER TEMPORA TUTEd) QUIESCE

Übersetzung:

In diesem Grab liegt ein zweijähriger Spross aus dem väterlichen Stamm der Breuning mit Namen Christoffer […]. (A)

Als zartes Wesen bin ich ins Leben [in das Licht] getreten und auch noch in zarter Jugend wieder davongegangen. Ich habe in diesem zarten Alter viel durchlitten, damit durch mich unser Geschlecht [das Bild unserer Ahnen] leuchte. Du zartes Wesen, das jetzt mit Christus vereinigt ist, ruhe sicher durch alle Zeiten. (B)

Versmaß: Ein elegisches Distichon (A), drei Hexameter (B).

Kommentar

Christoffer Breuning war der Sohn des Inhabers der 1. Pfarrstelle an St. Nicolai, Magister Johannes Breuning (1590–1648), und seiner Ehefrau Lucretia Schwartz. Johannes Breuning amtierte in Alfeld von 1624 bis zu seinem Tod 1648. Aus der Ehe gingen insgesamt neun Kinder hervor, von denen beim Tod des Vaters noch drei am Leben waren.3)

Das Distichon (A) teilt Abstammung und Namen des verstorbenen Kindes mit und enthielt eventuell auch das Todesdatum. In den drei folgenden Hexametern (B) spricht zunächst das Kind. Dann folgt der abschließende Segenswunsch für das tote Kind, dessen altersbedingte Zartheit durch den viermaligen Gebrauch von tener besonders hervorgehoben wird.

Textkritischer Apparat

  1. Möglicherweise war nach dem Vornamen ein Sterbevermerk mit Datum in Prosa eingefügt; denn es folgt bei Graff [OB. . .] und dann erst die Inschrift B.
  2. VENI] LUI Graff.
  3. Die Deutung von IMAGO im Sinne des antiken Ahnenbildes (für Geschlecht) bleibt unsicher.
  4. TEMPORA TUTE] TEMIO (?) . . . TE Graff.

Anmerkungen

  1. Die Platte ist in Kdm. Kreis Alfeld I erwähnt (S. 51) mit dem Vermerk „stark abgetreten“ und ohne Hinweis auf eine darauf befindliche Inschrift.
  2. Der Text bezieht sich eindeutig auf einen zweijährigen Knaben (vgl. tener und der Name CHRISTOPHERUS in Inschrift A), auch wenn die bildliche Darstellung eher an ein Mädchen denken lässt. Der Vergleich mit anderen Beispielen im vorliegenden Bestand wie z. B. Nr. 227 und auch im Bestand DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 205 u. 211 zeigt, dass Jungen im Alter von etwa zwei Jahren im Kleid dargestellt werden.
  3. Amtszeit nach Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 11. Zu Johannes Breuning s. a. Roth, Leichenpredigten, Bd. 3, R 2052.

Nachweise

  1. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 612, Nr. 7.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 354(†) (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0035402.