Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 325 Wehrstedt, ev. Kirche St. Andreas 1614

Beschreibung

Glocke. Bronze. Zwischen zwei breiten Ornamentfriesen verläuft die erhaben gegossene Inschrift A in zwei jeweils von einfachen Riemenstegen begrenzten Zeilen unterhalb der Glockenschulter. Auf der Flanke zwei einander gegenüberliegende Vollwappen mit den erhaben in vertiefter Zeile gegossenen Beischriften B und C. In Inschrift A und C rautenförmige Worttrenner.

Maße: H.: 81 cm; Dm.: 103,5 cm; Bu.: 2 cm (A), 1,3 cm (B, C).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/2]

  1. A

    PSAL(M) · XCV · · KOMPT HERZV LAST VNS DEM HERN FROLOCKEN VND IAVCHZEN DEM HORT VNSERS HEILSa)1) / WOLFHART STOPLER METTE VON DER LEYDTb) HABEN MICH DVRCH DIDERICH MENTEN GIESN LASN ANO 1614 ·

  2. B

    WLF STAPLc)

  3. C

    METTE · V(ON) · LEYD

Wappen:
Stopler2), von der Lieth3)

Kommentar

Die Inschrift A ist mit weiten Wortabständen gegossen. S mit deutlichem Sporn am oberen oder unteren Bogenende, ansonsten kaum ausgeprägte Strichsporen an den Schaftenden. R mit geschwungener, auswärts gekrümmter Cauda. Strichstärkenunterschiede zwischen breiten senkrechten und diagonalen Schäften sowie den schmalen Balken von A und H. N mit schmalen senkrechten und breiten Diagonalschäften. Z in der oben spitzen, zweistöckigen Form. Wilhelm von Stopler (gest. 1635) wurde 1570 mit Wehrstedt belehnt.4) Mit dem Lehen verbunden war der Patronat der Familie von Stopler über die Wehrstedter Kirche (s. a. Nr. 458). Die Stiftung der Glocke geht auf Wilhelms Bruder Wolfhard von Stopler (gest. 1619) zurück. Dietrich Mente5) stammte aus der bekannten Gießerfamilie Mente. Sein Vater, Ulrich Mente d. J., war nicht Gießer, sondern Goldschmied in Braunschweig. Gelernt hat Mente bei Mante Pelckinck (Beginn der Lehre 1597) und Andreas Marckwort in Hildesheim, später arbeitete er in der Gießerwerkstatt Hans Frickes, der die Werkstatt Mante Pelckincks übernommen hatte. Am 5. Februar 1610 wurde Dietrich Mente als Nachfolger des verstorbenen Hans Fricke in Hildesheim zum stadthildesheimischen Büchsenmeister bestellt. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod nach 1633 inne.6) Seine Arbeiten, die er als Werkstattnachfolger Frickes ausführte, stammen aus den Jahren 1610 bis 1633.7) Er übernahm auch die Wohnung Frickes in Hildesheim auf dem Eselstieg, die Werkstatt befand sich aber – so vermutet Schlotter – auf dem Michaelishügel in der Nähe des Zeughauses.8) Im Landkreis Hildesheim goss er Glocken für die Kirchen in Rott (Nr. 337), Sarstedt (Nr. 367), Bavenstedt (Nr. 368) und Wendhausen (Nr. 374).9)

Textkritischer Apparat

  1. LAST … HEILS] Fehlt Mithoff, Kdm., Drömann.
  2. LEYDT] LERDT Drömann.
  3. WLF STAPL] WULF STAPLE Mithoff.

Anmerkungen

  1. Ps. 95,1.
  2. Wappen Stopler (Rosette überwölbt von Halbmond, Helmzier: Schildfigur).
  3. Wappen von der Lieth (Schwan mit ausgebreiteten Flügeln auf einem Bein stehend, Helmzier: wachsender Schwan).
  4. Reden-Dohna, Rittersitze, S. 200.
  5. Zu Dietrich Mente vgl. Thieme/Becker, Bd. 24, S. 398; Hans Pfeifer, Glockengießergeschlechter im Lande Braunschweig. Braunschweig 1927, S. 30–32; Eichler, Stück- und Glockengießer, S. 189f.; Walter, Glockenkunde, S. 819.
  6. Biografische Angaben nach: Hans Schlotter, Die Herkunft des Hildesheimer Bronzegießers Dietrich Mente. In: Alt-Hildesheim 44 (1973), S. 27–34. Das Todesjahr Dietrich Mentes ist mit 1633 oder später anzunehmen, da seine letzte Glocke in Wendhausen Nr. 374 aus diesem Jahr stammt.
  7. Walter (Glockenkunde, S. 819) nennt 1628 als letztes Jahr von Mentes Gusstätigkeit mit Verweis auf das für St. Martini in Hildesheim bestimmte Taufbecken, liest aber als Gussdatum fälschlicherweise 1628 statt 1618.
  8. Schlotter (wie Anm. 6), S. 28. Seine Übersicht über die Gussdaten der von Dietrich Mente hergestellten Glocken ist fehlerhaft.
  9. Dietrich Mentes Arbeiten in chronologischer Reihenfolge: 1610 Glocke in Arholzen (Lkr. Holzminden), vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 181. – 1610 Glocke in Wangelnstedt (Lkr. Holzminden), vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 184. – 1610 Geschütz in Hildesheim, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 601. – 1611 zwei Geschütze in Hildesheim, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 606 u. 608. – 1612 Glocke in Gremsheim (Lkr. Northeim), vgl. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 232. – 1614 die vorliegende Glocke in Wehrstedt. – 1616 Glocke für St. Jakobi in Hildesheim, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 636. – 1617 Glocke in Rott, vgl. Nr. 337. – 1617 Glocke in Teistungenburg bei Teistungen (Lkr. Eichsfeld, Thüringen), vgl. Walter, Glockenkunde, S. 819. – 1618 Taufbecken für St. Martini in Hildesheim, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 642. – 1620 Glocke in Eldagsen (Region Hannover), vgl. Kdm. Kreis Springe, S. 54. – 1621 Glocke in Haimar (Region Hannover), vgl. Kdm. Kreise Burgdorf und Fallingbostel, S. 42. – 1627 Glocke für St. Paul in Hildesheim, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 689. – 1627 Glocke für St. Nicolai in Sarstedt, vgl. Nr. 367. – 1627 Glocke für Bavenstedt, vgl. Nr. 368. – 1633 Glocke für Wendhausen, vgl. Nr. 374.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Marienburg, S. 190.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 238.
  3. Drömann, Glocken, S. 73.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 325 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0032501.