Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 318 Alfeld, Seminarstr. 16 1612

Beschreibung

Haus.1) Fachwerk, traufenständig, dreigeschossig, sechs bis sieben Gefache breit. Die Fassade war mit Holzschnitzereien verziert, die zum Teil verloren sind. Zwei erhaltene Brüstungstafeln unter den Fenstern des Zwischengeschosses zeigen die Sinne Geschmack und Gehör in allegorischen Darstellungen als sitzende weibliche Figuren mit den Inschriften A. Die stark verwitterte Inschrift B ist auf dem Schwellbalken des Obergeschosses erhaben vor vertieftem Hintergrund ausgeführt. In den Brüstungstafeln des Obergeschosses sitzende Figuren, die durch die Beischriften C als Darstellungen der Planetengottheiten identifiziert sind. Über dem Eingang soll die Jahreszahl D angebracht gewesen sein.

Inschrift D nach Kdm.

Maße: Bu.: ca. 2–3 cm (A, C), ca. 4 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    der gesmack // das gehora)

  2. B

    ach godt wij [ – – – ] danken das ich lebe vnd wen ich were vordorben mochten se wol vor sich und yhre kinder sorgen2)

  3. C

    Mars // Satvrnvs // Venvs // Sol // Jvpiter // Mercvrivs // Lvna

  4. D †

    1612

Kommentar

Mit den figürlichen Darstellungen in den Brüstungstafeln steht das Haus in der Tradition des Hildesheimer Fachwerkbaus der Spätrenaissance, für den diese Form des Schmucks charakteristisch ist.3) Die in der römischen Antike bekannten fünf Planeten (C) sind Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Mond und Sonne bilden zusammen mit den fünf Planeten die Personifikationen der Wochentage. Die Darstellungen der Planetengottheiten beruhen auf Vorbildern der zeitgenössischen Druckgrafik.4)

Textkritischer Apparat

  1. Kiecker und Graff (Kdm. Kreis Alfeld I, S. 94) haben die Darstellungen auf den Brüstungstafeln als Tugenden angesehen und mit dem Vorbehalt einer unsicheren Lesung Fortitudo gelesen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 91, Zeichnung S. 99.
  2. Der weitgehend zerstörten Inschrift liegt wahrscheinlich eine Variante des folgenden an einem Hildesheimer Haus von 1615 angebrachten Spruchs zugrunde: Ach got wie geit das immer zu / Daß die mich hassn den ich nichts thu / Die mir nichts gonnen vnd nichts gebn / Mussen dennoch leiden das ich leb / Wenn sie meynen ich sey verdorbn / So mvssen sie für sich selber sorgn / Abr ich traw Got vnd nicht verzag / Den gelt gvt glück kompt alle Tag. Die Brüstungstafeln des Hildesheimer Hauses zeigten im übrigen ebenfalls allegorische Darstellungen der Planetengottheiten. Vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 626.
  3. Vgl. dazu Arnhold, Lateinschule, S. 77 mit einer Liste dieser Bautengruppe. S. a. DI 58 (Stadt Hildesheim), S. 47.
  4. Vgl. dazu O. Behrendsen, Darstellungen von Planetengottheiten an und in deutschen Bauten (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 236). Strassburg 1926, S. 51–59.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 94f.
  2. Hannover, NLD, Bildarchiv, Landkreis Alfeld, Stadt Alfeld, Foto R 89-538/10 vom 9.10. 1989.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 318 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0031806.