Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 217 Giesen, kath. Pfarrkirche St. Vitus 1587

Beschreibung

Taufe. Stein. Die Taufe stammt aus dem Vorgängerbau der 1674 fertiggestellten heutigen Kirche. Das sechsseitige, unten gewölbte Taufbecken ruht auf einem mit Engelsfiguren verzierten sechsseitigen Sockel ohne Basis. Auf den sechs Feldern der Beckenwölbung Puttenköpfe und Beschlagwerkornament. Die durch ein Gesims abgesetzten sechs senkrechten Wandungsfelder zeigen im ersten Feld ein Wappen mit der auf beiden Seiten des Schildes angebrachten Beischrift A; das zweite Feld zeigt den heiligen Nikolaus in einem Wappenschild, auf dem Rahmen des Feldes die eingehauene Inschrift B; es folgt im dritten Feld Inschrift C; im vierten Feld (D), im fünften Feld (E), im sechsten die ebenfalls eingehauene Inschrift F. Soweit nicht anders vermerkt, sind die Inschriften erhaben in vertieftem Feld ausgeführt.

Maße: H.: 107 cm; Dm.: 88 cm; Bu.: 3 cm (A, D, E), 2 cm (B, F), 2,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (B, F) mit Versalien (A), Fraktur (C, D, E).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    D(OMINVS) · HAR//MAN(VS) / ABBAS // SANCTa) GOD//HARD

  2. B

    S(ANCTVS) · NICOLAVS EPISCOPVS

  3. C

    H(err) Hieronimvs Andreae / pastor · 1 · 5 · 8 · 7 ·

  4. D

    Marci 16 wer gelavbt / vnd getavfft wirt der / wirt salig werden1)

  5. E

    Cvrdt Hane / Henni Borchars // Olderlv=/de

  6. F

    S(ANCTVS) · VITVS MARTŸR

Übersetzung:

Herr Hermann, Abt von St. Godehard. (A) Der heilige Bischof Nikolaus. (B) Der heilige Märtyrer Vitus. (F)

Wappen:
Hermann II. Dannhausen, Abt von St. Godehard2)

Kommentar

Die eingehauenen Kapitalisbuchstaben mit ausgeprägten Sporen an Balken-, Schaft- und Bogenenden, bei den erhabenen finden sich Sporen lediglich an den Bogenenden. Die Fraktur mit sehr qualitätvollen Einzelformen, z. B. Schwellzüge bei v und w, Schaft-s und f leicht nach rechts durchgebogen. Die 5 ist wie die voraufgehende 1 unten gegabelt.

Der in Inschrift A erwähnte Abt Hermann II. Dannhausen war von 1565 bis 1618 Abt des Hildesheimer Benediktiner-Klosters St. Godehard.3) Die Gemeinde Groß Giesen stand seit 1235 unter dem Patronat von St. Godehard und war dem Kloster seit 1423 inkorporiert.4) Das auf der Taufe angebrachte Bild des heiligen Nikolaus neben dem Hauptpatron St. Vitus verweist wahrscheinlich auf den Patron der St. Nikolaus-Gemeinde in Groß Beelte, deren Älterleute vielfach im Zusammenhang mit Stiftungen für die Kirche in Groß Giesen erwähnt werden.5) Der in Inschrift C genannte Hieronymus Andreä folgte dem während seiner Amtszeit zum Luthertum konvertierten Johann Cappe (1552–1573)6). Andreä amtierte als katholischer Geistlicher von 1573 bis 1605 in Groß Giesen.7) Cord Hane wird seit 1576 als Ältermann genannt.8)

Textkritischer Apparat

  1. T auf dem Rahmen.

Anmerkungen

  1. Mk. 16,16.
  2. Wappen Hermann II. Dannhausen, Abt von St. Godehard (quadriert, 1 u. 4 Marke des St. Godehard-Klosters in Form eines Versal-G, jeweils überhöht von einem Sparren; 2 u. 3 Tannenzapfen).
  3. Germania Benedictina VI, S. 211 (Hofmann); Niedersächsisches Klosterbuch, Teil 2, S. 721 (Aschoff).
  4. Vgl. Germania Benedictina VI, S. 209 (Hofmann); Niedersächsisches Klosterbuch, Teil 2, S. 721 (Aschoff); abweichend bezeichnet Schwerdtfeger (Stiftsdorf Groß Giesen, S. 162) 1425 als Jahr der Inkorporation.
  5. Reifenrath, Groß Giesen, S. 32f.
  6. Zur Amtszeit vgl. Handbuch Bistum Hildesheim, Region Hildesheim, S. 238.
  7. Zu den durch die Rekatholisierung des Kleinen Stifts Hildesheim hervorgerufenen Turbulenzen in der Amtszeit Andreäs und zu seiner Lebens- und Amtsführung ausführlich: Schwerdtfeger, Stiftsdorf Groß Giesen, S. 167–172.
  8. Reifenrath, Groß Giesen, S. 40.

Nachweise

  1. DBHi, HS C 1598b, S. 204f.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 84 (A).
  3. Kdm. Landkreis Hildesheim, S. 95 (C, E).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 217 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0021704.