Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 186 Steinbrück, Burg, ev. Kehrwiederkirche 1573

Beschreibung

Inschrifttafel.1) Stein, grau übertüncht. Die linke obere Ecke der quadratischen Tafel ist ausgebrochen und durch eine Betonfuge mit dem übrigen Stein verbunden. Die Tafel ist in die südwestliche Außenwand der heutigen Kehrwiederkirche eingemauert, die ursprünglich als Burgzwinger diente. Die Inschrift ist in 12 Zeilen erhaben in vertieftem Innenfeld ausgehauen, sie ist an vielen Stellen oberflächlich beschädigt. Buchstaben und Ziffern der ersten Zeile vergrößert, über dem aus den Buchstaben H und I zusammengesetzten Monogramm eine Krone. Auf dem unteren Rahmen ein Graffito des 20. Jahrhunderts.

Maße: H.: 80 cm; B.: 78 cm; Bu.: 4,2–7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. ANNOa) H(ERZOGK) I(VLIVS)b) 1573 / DE[R K]EERWEDER BIN · ICH GE=/[N]ANT [HER]ZOGK · IVLIVS · HERZOGE / THO · BRVNSWICK · VND · LVNEN=/BORG BIN · ICH BEKANT · SEIN / FORSTLICKEN GNADE HABEN / MICH LASEN · BAVWEN · WER / MICH · ANGREIFFET · KONTE / EM · GHEREVWEN · DEN / ICH BLEIBE · IN ALLEM / STANTFASTICHc) WIE / ENENd) STENEN MVIR

Versmaß: Deutsche Reimverse (DER … GHEREVWEN).

Kommentar

Die Inschrift ist in einer ornamentalen Kapitalis mit Sporen sowie Linksschrägen- und Bogenverstärkung ausgeführt. Lediglich das konische M mit oberhalb der Buchstabenmitte endendem Mittelteil und auch das in den unteren Zeilen der Inschrift breite verschränkte W durchbrechen die Proportionen dieser durchgebildeten Kapitalis.

Die Burg Steinbrück gelangte nach der Hildesheimer Stiftsfehde durch den Quedlinburger Vertrag in den Besitz Herzog Heinrichs d. J. zu Braunschweig-Lüneburg. 1542 wurde Heinrich von Angehörigen des Schmalkaldischen Bundes vertrieben, die Burg wurde bis zur Niederlage der Schmalkaldener in der Schlacht von Mühlberg im Jahr 1547 evangelisch, kam danach aber wieder an Heinrich, der auf Einhaltung des altgläubigen Ritus bestand. Nach seinem Tod führte Herzog Julius (reg. 1568–1589) die Reformation ein und errichtete 1569 ein evangelisches Pfarramt in Steinbrück. Die Burg war gleichzeitig Sitz eines Amtmanns.2) Die Inschrift bezeugt den Bau eines Festungsturms, den Herzog Julius mit dem seit seiner Studienzeit üblichen Monogramm aus den Initialen H und I signieren ließ.3) Der ehemalige Festungsturm wird heute als evangelische Kirche genutzt.

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] Fehlt Kdm. Kreis Marienburg.
  2. H(ERZOGK) I(VLIVS)] Befund: I über die Mitte von H gestellt. Mithoff geht irrtümlich von einem doppelten H aus; Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 231.
  3. STANTFASTICH] Das erste S durch ein Loch im Stein im unteren Teil beschädigt; zu verstehen als ‚standfest‘.
  4. ENEN] Der obere Teil des ersten E in ENEN durch dasselbe Loch beschädigt.

Anmerkungen

  1. Mithoff (Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 231) erwähnt eine zweite, etwas tiefer eingemauerte Platte mit einer Inschrift, die nicht erhalten ist. Der Text lautete: V. G. G. HH JVL [. . . .] / SEN [. .] ENGE [. . .] LAS/SEN . BAVWEN. Da die Textfragmente in weiten Bereichen mit der erhaltenen Inschrift identisch sind und der Mauerzusammenhang nicht darauf schließen lässt, dass hier ursprünglich zwei Platten angebracht waren, ist eine irrtümliche Doppelüberlieferung durch Mithoff anzunehmen.
  2. Vgl. Hans Meyer-Roscher, „Der Kehrwieder bin ich genannt“. Vom Festungsturm zur Kirche in Steinbrück. In: Hildesheimer Heimatkalender 2002, S. 141–145, hier S. 141f.
  3. Vgl. Alheidis von Rohr, Initialen, Sinnsprüche und Dekor als Mittel fürstlicher Selbstdarstellung. In: Staatsklugheit und Frömmigkeit. Herzog Julius zu Braunschweig-Lüneburg, ein norddeutscher Landesherr des 16. Jahrhunderts (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek Nr. 61). Weinheim 1989, S. 17–23, hier S. 17 und Katalog Nr. 1.15, 6.16 u. 12.3.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 231.
  2. Kdm. Kreis Marienburg, S. 185.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 186 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0018604.