Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)
Nr. 153 Lamspringe, kath. Klosterkirche St. Hadrian u. Dionysius 1550
Beschreibung
Grabplatte für Sieverdt von Steinberg. Stein. Im Innenfeld der hochrechteckigen Platte ist der Verstorbene stehend in Rüstung dargestellt, die Hände zum Gebet zusammengelegt. In den Ecken des Innenfeldes vier Vollwappen, die Wappen der Schwertseite gewendet. Die Platte wird gerahmt von einer vierseitig umlaufenden, erhaben in vertiefter Zeile ausgeführten Inschrift.
Maße: H.: 184 cm; B.: 105 cm; Bu.: 7,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis und Versal.
ANNO D(OMI)NI · 1550 : AM / FRIJDAGE NACH EXAVDI1) · STARFFa) DE ERBAR VND / E[RNEVE]STEb) · SIVERDT VON / STEINBARGE · DEM GODT GNEDICH SEI · A(MEN) ·
Steinberg* | Hardenberg* |
Rautenberg* | Roringen2) |
Textkritischer Apparat
- STARFF] Ein F hinter das andere gelegt.
- E[RNEVE]STE] Klammern bereits so bei Mithoff. Die Ergänzung ERNEVESTE ist nicht zweifelsfrei, lässt sich aber eher mit den noch sichtbaren Buchstabenresten übereinbringen als die übliche Form ERENVESTE.
Anmerkungen
- 23. Mai.
- Wappen Roringen (rechtsschräger Pfeil, Helmzier: senkrechter Pfeil mit der Spitze nach oben). Die Identifikation der wappenführenden Familie erfolgt anhand der Ahnenproben auf der für Sieverdts Sohn, Adrian (gest. 1582), in Imbshausen (Lkr. Northeim) gesetzten Grabplatte und dem für seinen 1586 verstorbenen Enkel, August von Steinberg, in der Kirche von Ottenstein (DI 83, Lkr. Holzminden, Nr. 99) erhaltenen Grabdenkmal. Das Ottensteiner Denkmal zeigt das Wappen allerdings in abweichender Form: gewendet, rechtsschräger Pfeil mit der Spitze nach oben (!), Helmzier: Flug. Auch die Beschreibung bei Siebmacher weicht ab: Wappen Roringen (schräges Pfeileisen), vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 135 u. Tafel 88. Zum Wappen Roringen s. a. Christine Wulf, DIO 2 (Kanonissenstift Gandersheim), Nr. 15 (mit Abb.). Online unter: http://www.inschriften.net/gandersheim/inschrift/nr/dio002-0015.html (letzter Zugriff am 01.11.2013).
- Die im Lkr. Schaumburg nachweislich von Robin angefertigten inschriftentragenden Denkmäler setzen 1574 mit dem Epitaph für Hans von Oberg in der Rintelner Marktkirche St. Nicolai ein. Vgl. Tebbe, Epitaphien Grafschaft Schaumburg, S. 239, Kat. Nr. 128 mit Verzeichnung der älteren Literatur. – Zu Arend Robin s. a. Kreft/Soenke, Weserrenaissance, S. 33–36.
- Vgl. DI 28 (Stadt Hameln), Nr. 65. Weitere Arbeiten Robins: DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 57 u. 77. Im Lkr. Schaumburg haben sich ebenfalls Arbeiten von Arend Robin erhalten (Inschriftenband in Vorbereitung), u. a. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 14 u. Tafel 12.2 (Rinteln, Epitaph für Hans von Oberg, 1574) sowie Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 62–64 (Stadthagen, Epitaph für Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg und seine zwei Ehefrauen, 1581); s. a. Tebbe, Epitaphien Grafschaft Schaumburg, S. 81 u. ö.
- Behrens, Herren von Steinberg, S. 60, N. 140.
Nachweise
- Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 193.
- Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 544.
- Kdm. Kreis Alfeld I, S. 212 (nur Abb.).
- Kronenberg, Grabdenkmäler Klosterkirche Lamspringe, S. 65, Abb. S. 64.
Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 153 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0015305.
Kommentar
Der allgemeine Schrifteindruck einer schmalen, in der Proportion eher hochrechteckigen Kapitalis verweist neben Einzelcharakteristika auf den flämischen Bildhauer Arend Robin. Von den für diesen Bildhauer signifikanten Schriftmerkmalen (s. Nr. 178) finden sich hier oben und unten spitzes O mit ausgeprägter Bogenverstärkung, N mit einem als Haarstrich ausgeführten Diagonalschaft, unten spitzes G und insbesondere die markante schräggestellte 5 mit hochansetzendem Bogen.
Arend Robin stand nach 1570 als bedeutender Meister der Weserrenaissance vor allem in den Diensten Graf Ottos IV. von Schaumburg.3) Vor seiner Schaumburger Zeit hat er eine Reihe von Grabdenkmälern für Angehörige des ländlichen Adels und der bürgerlichen Führungsschicht in den Landstädten gehauen, u. a. für Rudolf von Holle in der St. Bonifatius-Kirche in Hameln4) oder für Katharina von Hanstein, die 1568 verstorbene Ehefrau Sieverdts (vgl. Nr. 180), die in der St. Nicolai- Kirche in Alfeld begraben wurde. Ihr Grabdenkmal stammt – wie das darauf angebrachte Monogramm AR belegt – sicher von Robin. Die für eine Kapitalis ungewöhnlichen auffälligen I-Punkte sind in derselben Form auf dem von Arend Robin signierten Grabdenkmal für den Oberamtmann Heinrich Heinemeier in der St. Nicolai-Kirche in Alfeld (vgl. Nr. 178) zu finden, auch die Verbindung von IJ für Y ist dort genau so ausgeführt wie hier in FRIJDAGE.
Sieverdt stammt aus der Ehe zwischen Dietrich von Steinberg und Katharina von Hardenberg.5) Obwohl lutherischen Bekenntnisses stand er als Rat in den Diensten des katholischen Herzogs Heinrichs d. J. zu Braunschweig-Wolfenbüttel und des Bischofs von Hildesheim.