Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 109 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum 1519 o. früher

Beschreibung

Wandteppich. Wolle, gewirkt. Der Teppich wurde wahrscheinlich für das Kloster Derneburg gestiftet, kam danach zu unbekanntem Zeitpunkt in den Halberstädter Domschatz und von dort an seinen heutigen Standort.1) Der querrechteckige Teppich zeigt im Hauptfeld zwischen Ranken, stilisierten Bäumen, Blumen und Tieren drei rechtsgelehnte Wappen. Das Hauptfeld wird oben und unten von einer breiten Bordüre begrenzt, auf der oberen Inschrift A hell auf verschiedenfarbigen Stoffstücken, auf der unteren florale Ornamente und ein weiteres Wappen. Die drei Wappen des Hauptfeldes sind durch die Beischriften B in Schriftbändern identifiziert. Am Anfang und am Ende der Schriftbänder Blütenornamente. Das einzelne Wappen in der unteren Bordüre ist unbezeichnet. Der Teppich ist am oberen Rand in der Mitte sowie an den beiden rechten Ecken beschädigt (mit Textverlust) und repariert.

Maße: H.: 105,7 cm; B.: 212 cm; Bu.: 5,8 cm (A), 4,4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    pertinet i(n) derneborch dat[. . . .] [ – – – ] n(ost)raa) de schule[.] [ – – – ]

  2. B

    · van d(er)schul[en]borch // · v[. .] [b]erghe ·// der schencken

Übersetzung:

[…] gehört Derneburg, geschenkt (?) von unserer […] von der Schulenburg. (A)

Wappen:
Schulenburg I*, vom Berge,2) Schenck3)
Bernhard von Clairvaux?4)

Kommentar

Soweit die stark fragmentierte Inschrift A eine Deutung erlaubt, wurde der Teppich für das mit Zisterzienserinnen besetzte, aber nicht dem Orden zugehörige Kloster Derneburg gestiftet, wahrscheinlich von der Familie von der Schulenburg. Aus dieser Familie stammten zwei Derneburger Äbtissinnen: Beata (1468–1484) und Sophie (1487–1519).5)

Textkritischer Apparat

  1. n(ost)ra] Kürzungsstrich über dem a.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. G 555, Gew 677, vgl. Theodor Hampe, Katalog der Gewebesammlung des Germanischen Nationalmuseums. Nürnberg 1896, S. 112. Für den Hinweis auf diesen Wandteppich und die Aufnahme der Inschriften am Original danke ich meinem Kollegen Dr. Hans Fuhrmann, Inschriftenarbeitsstelle Halle/S.
  2. Wappen vom Berge (fünf Zickzackbalken). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 7, S. 15 u. Tafel 19 abweichend: drei Zickzackbalken.
  3. Wappen Schenck (zwei nach links laufende Wölfe? übereinander). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 52 u. Tafel 30: dort lautet die Blasonierung: zwei rechts laufende Biber übereinander; angemerkt wird dazu: „Aeltere Siegel zeigen freilich Wölfe oder diesen ähnliche Tiere“; s. a. DI 75 (Halberstadt, Dom), Nr. 49, Anm. 2: die Wandlung des Wappenbildes zum Biber erfolgte im 14. Jahrhundert.
  4. Wappen Bernhard von Clairvaux? (Schrägbalken in drei Reihen geschacht). Das Wappenbild weicht von der üblichen Darstellung (Schrägbalken, in zwei Reihen geschacht) ab. Auf dem Hildesheimer Kelch des Bartold Magerkol, der aus dem Zisterzienserkloster Marienrode stammt, findet sich aber ebenfalls ein in drei Reihen geschachter Balken, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 204. Das Wappen des Ordensgründers Bernhard von Clairvaux war zugleich das Wappen des gesamten Zisterzienserordens, vgl. Harald Drös, Maulbronner Klosterheraldik. Wappen des Klosters und der Äbte in vor- und nachreformatorischer Zeit. In: Maulbronn. Zur 850-jährigen Geschichte des Zisterzienserklosters, hg. vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg. Stuttgart 1997, S. 43–58, hier S. 45f. – Hampe (wie Anm. 1) hat das Wappen einer Familie Enenkel zugeordnet.
  5. Vgl. Niedersächsisches Klosterbuch, Teil 1, S. 322–329, hier S. 328 (Pischke).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 109 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0010904.