Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 60† Sehlde, ev. Liebfrauenkirche 1499

Beschreibung

Glocke. Sie war schon zur Zeit der Kunstdenkmäleraufnahme 1939 nicht mehr erhalten. Nach Mithoff1) befand sich am Beginn der Inschrift A ein kleines Relief der Strahlenkranzmadonna. Im Anschluss an den Namen des Gießers soll sich ein Monogramm B befunden haben.

Inschriften nach Mithoff.

Maße: Gotische Minuskel.

  1. A

    O . sancte . maria . ei(n) . jv(nc)frvwa) . clar . vn(d) . schone . bidde . vor . vns . ihesv(m) . christv(m) . dine(n) . benediden . sone .+ an(n)o . d(omi)ni . m . cccc . xcix . hermen . koster .

  2. B

    H Cb)

Übersetzung:

O heilige Maria, reine und schöne Jungfrau, bitte für uns Jesus Christus, deinen gebenedeiten Sohn. Im Jahr des Herrn 1499. Harmen Koster.

Versmaß: Deutsche Reimverse (A, O … sone).

Kommentar

Harmen Koster ist in der Zeit um 1500 der produktivste Gießer im Raum Hildesheim.2) In der Stadt Hildesheim sind vier Glocken und ein Geschütz von ihm nachzuweisen,3) im Landkreis Hildesheim einschließlich dieser Glocke aus Sehlde 114) und in der weiteren Umgebung 17 Glocken.5) Die älteste bekannte Arbeit – eine Glocke in Lauenstein (Lkr. Hameln-Pyrmont) – stammt aus dem Jahr 1494.6) In ihrer Inschrift bezeichnet sich Harmen Koster als en apengeter knecht ‚ein Rotgießer-Knecht‘, woraus zu schließen ist, dass er zu diesem Zeitpunkt noch als Geselle und nicht als selbstständiger Meister im Rotgießer-Handwerk tätig gewesen ist. In keiner der späteren Inschriften hat er diesen Namenszusatz benutzt. Diese Sehlder Glocke wäre folglich seine erste nachgewiesene Arbeit als selbstständiger Meister. Als sein spätester Guss ist die Glocke in Ilsenburg von 1520 nachgewiesen.7)

Harmen Koster hat – wie im vorliegenden Fall – bevorzugt deutsche und lateinische Mariengebete und -hymnen auf seinen Glocken angebracht und vielfach das Bild der Strahlenkranzmadonna im Kontext seiner Inschriften verwendet, s. z. B. Nr. 91.

Textkritischer Apparat

  1. jv(nc)frvw] Auflösung nicht zweifelsfrei, bei Mithoff steht nur ein Kürzungsstrich.
  2. H(armen) C(oster). Dieses Monogramm hat Koster auf den späteren Hildesheimer Arbeiten nicht mehr verwendet. Auf einer Harmen-Koster-Glocke in Hörsum (Nr. 106) sind die Initialen h und k angebracht.

Anmerkungen

  1. Beschreibung und Schriftart nach Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Calenberg, S. 169.
  2. Eine Liste der Werke Kosters bei Mithoff, Künstler, S. 192. Näheres zur Biografie Harmen Kosters s. Thieme/Becker, Bd. 21, S. 190f.; Eichler, Stück- und Glockengießer, S. 166f.
  3. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 265, 281, 291, 292 und ein Geschütz Nr. 295.
  4. Weitere Glocken von Harmen Koster im Lkr. Hildesheim: 1509 Harsum, vgl. Nr. 91. – 1511 Klein Himstedt, vgl. Nr. 94. – 1512 Breinum, vgl. Nr. 95. – 1512 Wehrstedt, vgl. Nr. 97. – 1512 Almstedt, vgl. Nr. 98. – 1512 Woltershausen, vgl. Nr. 99. – 1513 Groß Ilde, vgl. Nr. 102. – 1514 Hoyershausen, vgl. Nr. 103. – 1516 Nordstemmen, vgl. Nr. 104. – 1516 Hörsum, vgl. Nr. 106.
  5. In chronologischer Reihenfolge: 1494 Lauenstein (Lkr. Hameln-Pyrmont), vgl. Kdm. Landkreis Hameln- Pyrmont, S. 360. – 1500 Wernigerode (Sachsen-Anhalt), nachgewiesen bei Walter, Glockenkunde, S. 804. – 1502 Timmern (Lkr. Wolfenbüttel), vgl. Kdm. Kreis Wolfenbüttel, S. 138f. – 1503 Holtensen (Region Hannover), vgl. Kdm. Kreis Springe, S. 84. – 1503 Dungelbeck (Lkr. Peine), nachgewiesen bei Walter, Glockenkunde, S. 804. – 1504 Ilsenburg (Sachsen-Anhalt), nachgewiesen bei Eichler, Stück- und Glockengießer, S. 167. – 1507 Eickenrode (Lkr. Peine), vgl. Kdm. Kreis Peine, S. 41. – 1503 Naumburg (Sachsen-Anhalt), vgl. DI 6 (Naumburg, Dom), Nr. 51. – 1507 Groß Lafferde (Lkr. Peine), vgl. Kdm. Kreis Peine, S. 74; 1507 Woltorf (Lkr. Peine), vgl. Kdm. Kreis Peine, S. 207. – 1508 Haimar (Region Hannover), vgl. Kdm. Kreise Burgdorf und Fallingbostel, S. 42. – 1511 Warle (Lkr. Wolfenbüttel), vgl. Kdm. Kreis Wolfenbüttel, S. 275. – 1514 Eddesse (Lkr. Peine), vgl. Kdm. Kreis Peine, S. 33. – 1518 Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont), vgl. Kdm. Landkreis Hameln-Pyrmont, S. 426. – 1520 Ilsenburg (Sachsen-Anhalt), nachgewiesen bei Walter, Glockenkunde, S. 804. – Undatiert Bühne (Lkr. Harz, Sachsen-Anhalt), nachgewiesen bei Eichler, Stück- und Glockengießer, S. 167.
  6. Nachweis s. Anm. 5.
  7. Nachweise s. Anm. 3 u. Anm. 5.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Calenberg, S. 169.
  2. Kdm. Kreis Alfeld II (Gronau), S. 208 (nach Mithoff).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 60† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0006005.