Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 513(†) Kollegiengebäude, Ostflügel 1788?

Beschreibung

Türsturz. Im Erdgeschoß über Eingang im Nordosten, im Inneren des Gebäudes. Die Inschrift wurde 1968/69 noch gesehen1). Bei einer der seitdem vorgenommenen Renovierungen sind die eingetieften Buchstaben zugeputzt worden.

Inschrift nach Volkmann.

  1. FRIDR(ICH) ULR(ICH)a) KLUEGEL A(CADEMIAE) J(ULIAE) C(AROLINAE) I(NSPECTOR) / A. J. C.b) L(UDWIG) FRANCKENFELD / A(NN)O 17[8]8c) QUAESTOR

Übersetzung:

Friedrich Ulrich Klügel, der Academia Julia Carolina Inspektor, A. J. C. Ludwig Franckenfeld, im Jahre 1788, Finanzverwalter.

Kommentar

Die Inschrift läßt sich in der überlieferten Form nicht befriedigend erklären. In den Räumen, deren Eintritt sie markiert, befand sich nach einer Zeichnung von 1780 der Buchladen, und zwar an der Stelle der 1701 hier eingerichteten neuen Bibliothek (Nr. 376). Der Ostflügel beherbergte außerdem in seinem Südteil 1780 wie schon früher das Konvikt2). Die vorgeschlagene Auflösung des I zu INSPECTOR, nämlich Inspektor des Konvikts, hätte eine Datierung in das Jahr 1788 zur Folge. Dieser Termin ergibt sich aus folgenden Umständen: Nach dem Tod des Rechtsprofessors und Inspektors des Konvikts Franz Dominikus Häberlin im Frühjahr 1787 berief Herzog Carl Wilhelm Ferdinand zwei Professoren zu Nachfolgern in diesem Amt, neben dem Rechtsprofessor und Hofrat Gottlob Eusebius Oeltze den Professor der Mathematik Georg Simon Klügel3). Ein Friedrich Ulrich Klügel – wie ihn der überlieferte Inschrifttext bietet – läßt sich im Umfeld der Universität nicht nachweisen. Georg Simon Klügel war am 29. April 1767 in Helmstedt eingeführt worden und hatte von Anfang an auch das Ädilenamt mitverwaltet4). Löst man I zu I(NSPECTOR) auf und bezieht es auf Klügel, kommt für die Anbringung der Inschrift allein das Jahr 1788 in Betracht, denn Klügel wirkte nur 1787 und 1788 als Konviktsinspektor5). Er verließ Helmstedt in der zweiten Jahreshälfte 1788, um eine Professur in Halle anzunehmen. Als Ädil (akademischer Bauverwalter) hatte Klügel 1780 die bauliche Herrichtung der über dem Konvikt gelegenen Räumlichkeiten für das pädagogisch-philosophische Seminar und weitere Baumaßnahmen im selben Gebäude geleitet6). Auffällig ist, daß der mit Bauinschriften der Universität sonst häufig verbundene Hinweis auf den bzw. die verantwortlichen Ädilen hier zu fehlen scheint. Als Quaestor amtierte um diese Zeit Ludwig Georg Franckenfeld. Er war 1751 seinem Vater Ludwig Urban Franckenfeld als Quaestor adjunctus beigegeben worden7). Spätestens seit dem Tod seines Vaters 17768) hatte er das Amt allein inne.

Textkritischer Apparat

  1. ULR] Nach Volkmann, wie Anm. 1, Lesung unsicher
  2. A. J. C.] Die Initialen können nicht sicher aufgelöst werden. Eine nochmalige Nennung der ACADEMIA JULIA CAROLINA, zu beziehen auf QUAESTOR, ergibt eine ungewöhnliche Anordnung von Name und Jahr zwischen den Titulaturteilen.
  3. Nach Volkmann, wie Anm. 1, war die Zahl des Jahrzehnts nicht deutlich zu erkennen, möglicherweise auch 1768. So bei Volkmann, Juleum, S. 8. Vgl. dazu Kommentar.

Anmerkungen

  1. Frdl. Auskunft des Leiters der Ehem. Universitätsbibliothek Helmstedt, Herrn R. Volkmann.
  2. Zu vergleichen sind NStA Wolfenbüttel K 6872, Bauaufnahme von 1726, mit einem 1780 angefertigten Grundriß NStA Wolfenbüttel 2 Alt Nr. 16398.
  3. NStA Wolfenbüttel 37 Alt Nr. 2717, Bl. 81. Zu Klügel, einem zu seiner Zeit bekannten Mathematiker und Physiker, vgl. NDB 12, S. 135f.
  4. NStA Wolfenbüttel 37 Alt Nr. 2395, Bl. 74.
  5. Sein Nachfolger im Amt, der Theologe David Julius Pott, wird unter dem 28. November 1788 ernannt, NStA Wolfenbüttel 37 Alt Nr. 2718, Bl. 41.
  6. Mit Academiae Aedilis unterzeichnete er die Bauberichte an die herzogliche Regierung und fertigte nach der Unterschrift G. S. Klügel del(ineavit) u. a. den in Anm. 2 zitierten Grundriß NStA Wolfenbüttel 2 Alt Nr. 16398 an.
  7. NStA Wolfenbüttel 37 Alt Nr. 777, Bl. 31.
  8. NStA Wolfenbüttel 1 Kb 609, S. 464. Vgl. zu ihm und seinem Sohn auch Schaper, Bürgerbuch 1, S. 288.

Nachweise

  1. R. Volkmann, Das Juleum in Helmstedt. Große Baudenkmäler 433, München/Berlin 1992, S. 8.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 513(†) (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0051308.