Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 337† St. Stephani 1695? o. später

Beschreibung

Grabdenkmal der Johanna Maria Cuno. Nach Böhmer befand es sich 1710 unter den Steinen im südlichen Teil des Friedhofes1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. O impenetrabile fatum sub hoc saxo quiescit IOANNA MARIA Francisci Cunonis consulis Helmst(adiensis) et Annae Kötheriae filia natu minima 23 Maii 1668 nata nupserat illa XXV April(is) 1688 Paulo Bergmanno adsessori dicast(erii) Guelpherb(uttelensis) et primo ibidem prof(essori) polit(ices) historiarum et iuris quo die 21 April(is) 1690 tenebris mortalibus obuoluto immortali vt in luce splendesceret ipsa orbe patrio parentibusque carere maluit ne gloria coniugis parta careret relicta itaque sui in filia trium dierum imagine die XV Maii 1690 antecessit quos sequi debuit carissimis parentibus sui dolorem et nepotis gaudium relinquens quae quoniam pietatis morum et formae elegantia in virtutum speculum formata quum et prudentia vltra sexum saperet vera omnibus visa Minerua Hoc beatae defunctae amoris & honoris m(onumentum) p(oni) c(urauerunt) sorores et frater moestissimus

Übersetzung:

O unabwendbares Schicksal! Unter diesem Stein ruht Johanna Maria, jüngste Tochter des Franz Cuno, Bürgermeisters in Helmstedt, und der Anna Köter, geboren am 23. Mai 1668. Sie hatte am 25. April 1688 Paul Bergmann, Gerichtsassessor in Wolfenbüttel und dortigen ersten Professor der Politik, Geschichte und Rechtswissenschaft, geheiratet. Als jener am 21. April 1690 von Todesfinsternis umhüllt wurde, um im ewigen Licht zu erstrahlen, wollte sie lieber auf ihre irdische Heimat und ihre Eltern verzichten als nicht teilzuhaben an der Herrlichkeit, die ihr Mann erworben hatte. Also ließ sie ein Abbild von sich in ihrer drei Tage alten Tochter zurück und ging am 15. Mai 1690 denen voraus, denen sie hätte folgen müssen. Den von ihr heißgeliebten Eltern hinterließ sie Trauer über sie und Freude an dem Enkelkind. Sie, die nach der besonderen Weise ihrer Frömmigkeit, der Feinheit ihres Charakters und ihrer Schönheit wie ein Abbild der Tugend geschaffen war, die auch, was ihre geistigen Fähigkeiten betraf, das Maß ihres Geschlechtes weit übertraf, erschien allen wie die wahre Minerva. Dieses Denkmal der Liebe zu der seligen Dahingeschiedenen, dieses Zeichen der Ehrung ließen die Schwestern und der tieftraurige Bruder setzen.

Kommentar

Da die Grabschrift für Johanna Maria Cuno nur die Geschwister, nicht auch die Eltern als trauernde Hinterbliebene nennt, dürfte sie erst nach 1695, nach dem Tode des Franz Cuno und der Anna Köter (vgl. Nr. 334) gesetzt worden sein. Die darin mitgeteilten Daten aus dem Leben der zweitjüngsten der drei hinterbliebenen Töchter (vgl. Nrr. 397 und 456) des Ehepaares Cuno/Köter werden durch das Funeralprogramm bestätigt2). Der in der Inschrift genannte Ehemann der Verstorbenen, der Hofgerichtsassessor Paul Bergmann, war einer der vier Professoren an der 1687 von Herzog Anton Ulrich in Wolfenbüttel gegründeten Ritterakademie3). Wie seine Kollegen versah er sein Lehramt nebenberuflich und vertrat mehrere Fächer gleichzeitig4) – die Inschrift nennt sie. Seine 1688 glanzvoll im Beisein von Fürsten und Grafen – so das Funeralprogramm – geschlossene Ehe mit Johanna Maria Cuno war von Unglück überschattet. Eine Tochter verstarb früh, er selbst erlag am 21. April 1690 einer Infektionskrankheit in Wolfenbüttel. Die hochschwangere Johanna Maria kehrte in ihr Elternhaus nach Helmstedt zurück, wurde am 12. Mai von einer Tochter entbunden und starb drei Tage später, knapp zweiundzwanzig Jahre alt.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 112 LAPIDES SEPVLCHRALES in parte coemiterii posteriore mit S. 122f.
  2. Programma in funere .. Johannae Mariae Cunoniae, Helmstedt o. J. (1690).
  3. Vgl. dazu F. Koldewey, Die Ritterakademie zu Wolfenbüttel. In: Beiträge zur Kirchen- und Schulgeschichte des Herzogtums Braunschweig, Wolfenbüttel 1888, S. 46ff.
  4. Koldewey, wie Anm. 3, S. 63f., S. 68, S. 74.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 122f.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 337† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0033708.